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Kommentar S-BahnSchluss mit dem Diskutieren

Kommentar von Stefan Alberti

Jetzt hilft nur noch Konkurrenz: Statt der S-Bahn ewig zu drohen und auf ein Ende des Chaos zu hoffen, sollte das Land selbst Waggons kaufen.

E s ist alles gesagt zur S-Bahn und fast auch schon von jedem. Es ist endgültig an der Zeit zu entscheiden, welcher Weg aus dem Chaos führen soll. Nicht nächstes Jahr oder nächsten Monat - jetzt. Und da gibt es nur einen Weg: Selbst Waggons kaufen. Nur das kann das Land aus seiner Abhängigkeit von der Deutschen Bahn lösen.

Denn genau in der konkurrenzlosen Situation der Bahn AG und ihrer Tochterfirma S-Bahn GmbH besteht der Kern des Problems. Wo immer sonst ein Vertragspartner seine Leistung nicht erbringt, ist er weg vom Fenster, weil die Konkurrenz einspringt. Die aber fehlt im Berliner S-Bahn-Wesen, weil es kein Unternehmen gibt, das gerade mal zufällig einige hundert Züge mit der einzigartigen hiesigen Bauart und Technik herumstehen hat, und weil es Jahre dauert, neue bauen zu lassen.

Hätte das Land hingegen einen eigenen Wagenpark, könnte sich um dessen Betrieb jeder bewerben, der genug Lokführer anwirbt und Kenntnis der Materie mitbringt. Wer schlechte Leistung abliefert, wäre schnell ersetzbar. Die eigenen Wagen wären zwar auch erst in ein paar Jahren fertig, aber immerhin wäre dann die Sache geregelt.

Der Kaufpreis für die Waggons - angeblich an die 700 Millionen Euro - schreckt bei einem hoch verschuldeten Land natürlich erst einmal ab. Aber zum einen kommt das Geld ja dadurch wieder rein, dass das Land seinen Wagenpark quasi vermieten würde. Zum anderen scheint der Betrag zu bewältigen zu sein, wenn jetzt ernsthaft davon die Rede ist, eine 270 Millionen teure Landesbibliothek zu bauen. Das wäre zwar auch ganz nett, aber im Vergleich zu einer S-Bahn, die den Alltag vieler Hundertausender beeinflusst, klar nachrangig.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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8 Kommentare

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  • E
    Eisenbahner

    Sehr geehrter Herr Grube, sehr geehrter Herr Ramsauer

    das die Eisenbahn schon seid vielen Jahren absichtlich klein gespart werden soll steht doch wohl außer Frage.

    Nun stehen sie vor dem Erbe und bekommen alles immer schön von ihren Führungskräften gefiltert. Was würden Sie tun wenn ihre Bonuszahlungen abhängig gemacht werden von den Zielvorgaben und nicht von den Erfordernissen? Wissen Sie wie wir Eisenbahner diese Zahlungen nennen? Schmerzensgeld! Oder haben Sie vergessen was selbst kleine Arbeitsgruppenleiter für 50.000 Euro und mehr alles tun würden? Keiner wird Ihnen noch sagen das dieses Leit und Sicherungssystem bei der Eisenbahn gefährlich heruntergewirtschaftet worden ist, denn es würde schwindelerregende Zahlungen zutage treten lassen.

    Bitte schaffen Sie endlich die Bonuszahlungen ab damit wir wieder unsere eigenen Prüfungen vornehmen können und nicht auf Wohl und Wehe den Firmen ausgeliefert sind. Fragen Sie alte Eisenbahner nach "Minden" und glauben Sie mir wir haben mehr Geld als wir brauchen damit wir kleinen Eisenbahner wieder stolz sein können Eisenbahner zu sein.

    Nicht nach dem Motto, warum soll ich mir einen Fachmann halten wenn ich einkaufen kann.

    Fragen Sie die kleinen die sagen Ihnen wo das Geld den Firmen hinterhergeworfen werden, aber um Gottes Willen nicht die, die ihre Bonis schon verplant haben.

    Nur ein Eisenbahner der sieht wo das Geld verbrannt wird.

     

    Nur noch kurz zu den befürwortern der Privatisierung.

    Erstens ist die DB heute schon privatisiert, oder wie sonst kann die DB Eisenbahnen in Europa kaufen? Oder kauft sich unsere Regierung unser Staat Eisenbahnen in der ganzen Welt und versucht auch Chinas Eisenbahnen zu kaufen.

    Liebe Mitbürger sollten wir nicht endlich mit der Geiz ist Geil mentalität aufhören? Für Nichts gibt es nichts und glaubt doch nicht das die Privateisenbahnen besser sind. Sagt ehrlich welches Gefühl hättet ihr wenn ihr in ein Flugzeug steigt und wisst der Pilot verdient 850 Euro. Aber der Lokfahrer kann doch ruhig um einen Mindestlohn kämpfen?????

    Fasst endlich das Übel an der Wurzel und macht nicht einzelne Menschen zu den Bösen, auch wir sind Schuld mit unserer Mentalität.

  • O
    ole

    Eine Ruck zuck Lösung gibt es nicht.

    Egal welche Variante greift, es müssen neue Züge angeschafft werden. Sowohl von einem privaten Anbieter, aber auch bei einem Betrieb durch die BVG. Und das dauert etwa 3 Jahre.

     

    Die Möglichkeit, daß die DB die S-Bahn an Berlin verkauft, wäre wohl die schnellste Lösung, steht aber bei der Bahn nicht zur Debatte.

  • H
    Hartmut

    Aha, qualifiziertes Betriebs- und Werkstattpersonal ist also von heut auf morgen problemlos ersetzbar. Haben wir ja gesehen, aber ein privater Konkurrent hat dieses erfahrene Personal natürlich in petto...

  • B
    Bernd

    Ich hoffe auch auf Konkurrenten zur Bahn. Bahnfahren muss einfach billiger und zuverlässiger werden!

  • FR
    Frank Roger

    S-Bahn an die BVG, so neu ist der Gedanke doch gar nicht: in den 1980er Jahren, als noch niemand ernsthaft an die deutsche Einheit glaubte, gab die Deutsche Reichsbahn (Ost) die damals dank S-Bahn-Boykott auf nur noch drei Linien geschrumpfte S-Bahn (West) an die BVG (West) ab. Die S-Bahn (Ost) fuhr weiterhin pünktlich, auch im Winter. Wie waren denn damals die Erfahrungen mit der BVG als S-Bahnbetreiber im Westen Berlins?

  • J
    Johannes

    Sehr geehrter Herr Alberti,

     

    Ich kann Ihren Überlegungen ganz und gar nicht zustimmen. Besonders bedenklich finde ich, dass hier immer noch genau die Wettbewerbslogik und wirtschaftsliberale Ideologie als Lösung der Schwierigkeiten propagiert wird, die eigentlich den Kern des Problems bei der S-Bahn und anderswo darstellt. Das ist in etwa so als ob man einer Brandstifter zur Feuerbekämpfung einsetzen will.

     

    Denn der Kern des Problems besteht eben nicht wie von Ihnen beschrieben in der konkrenzlosen Situation der DB Tochter S-Bahn. Sondern in den Folgen des Renditedrucks, der ausgeübt wurde, um die Bilanz für den geplanten Börsengang der Bahn schönzurechnen. Und dafür war jedes Mittel Recht, die S-Bahn wurde auf Kosten der Sicherheit ausgepresst wie eine Zitrone.

     

    Was würde sich an denn an der Renditelogik bei der von Ihnen prppagierten Lösung ändern? -nichts aber auch gar nichts. Statt einem Staatsunternehmen, dass sich aus ideologischen Gründen dem Renditedruck beugt, hätten wir dann mehrere private Unternehmen, denen es per se ausschließlich um ihre Rendite gehen würde. Nur dass man bei Fehlern auf deren Geschäftsgebaren nicht einmal mehr Einfluss nehmen könnte. Ich befürchte, die Folgen würden sich bei so einer Lösung nur noch verschlimmern.Haben Journalisten wie Sie denn immer noch nicht begriffen wieviel Schaden die Privatisierung in Bereichen der Daseinsfürsorge anrichten kann?

     

    Es gäbe auch eine andere Lösung: schafft neue Züge an und lasst das Netz von der landeseigenen BVG betreiben. Aber eine solche Lösung wird hier wohl kaum beworben werden. Sie entspricht nämlich nicht der wirtschaftlsiberalen ideologischen Überzeugung von auch so manchem Taz Redakteur.

  • D
    Daniel

    Die einzige Sorge, die mir dabei bleibt, ist die,

    dass Billiglohn-Unternehmen als Alternative gesehen werden.

    Zudem ist _jedes_ private Unternehmen gewinnorientiert. (+ DB, auch wenn sie nicht privat ist)

    Was sollte also besser werden? Entweder ist der Service schlecht oder die Mitarbeiter werden schlecht bezahlt.

     

    Daher gehört der ÖPNV auch in öffentliche Hand (-> BVG! )

     

    Warum kauft also nicht die BVG ein paar Züge?

  • RW
    Ralf Wünsche

    Wann kommt die Privatisierung von Bahn ( nicht nur von S - Bahn ) , wie es eine EU - Kommission für den Wirtschaftsraum EU vorsieht.

     

    So das eine Bundesnetzagentur die Strecken ausschreibt und dann kommt der dran mit Qualität, Pünktlichkeit , Sauberkeit usw. und Bieterpreis.

     

    Die DB ist ein marodes Beamten - Unternehmen , welches unfähig ist zu allen Jahreszeiten qualitätiv dazu sein. Und dann auch mit deren " gelben Gewerk-

    schaften " ( war da nicht ein ehemaliger Gewerk-

    schaftvorsitzender der dor Personaldirektor ge-

    worden gewesen ist ) die nur an Besitzständen

    festhalten!

     

    Connex und andere machen es besser , freundlicher und pünktlicher und im Rahmen eines Wettbewerbes

    entständen auch neue Arbeitsplätze - Vollzeit !

     

    Schmeisst die Bahn endlich aus dem S - Bahn - Netz oder man müsste sich die Reichsbahn mit deren ehemaligen Westberliner SEW - Kader wünschen!

     

    Denn dort ist die S - Bahn immer gefahren !