Kommentar Ryanair: Terminal für Fledermäuse
Die Drohung von Ryanair, sich wegen der Passagiergebühren den Airport Hahn zu verlassen, ist Erpressung. Es flossen Steuermillionen, damit der Billigflieger dort abhob.
Klaus-Peter Klingelschmitt (56) ist Korrespondent der taz für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Seine Schwerpunkte sind die Innenpolitik und Wirtschaft.
Der regionale Flughafen Hahn im Hunsrück war eine Erfolgsstory - und der Regierungspartei SPD in Rheinland-Pfalz liebstes Konversionsprojekt. In den Ausbau der ehemaligen Base der US-Luftwaffe flossen Steuergelder ohne Ende; und für Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur noch weitere Millionen. Profiteur der Subventionsorgie war nicht zuletzt die irische Billigfluglinie Ryanair. Auf wie viel Geld genau die Anteilseigner des Flughafens - die Frankfurter Fraport AG und die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen - seit Jahren verzichten, weil Ryanair auf dem "Hahn" keine oder nur geringe Start-und-Lande-Gebühren bezahlen muss, weiß nur die Landesregierung selbst: Anfragen der Opposition im Landtag wurden von der Regierung Kurt Beck (SPD) regelmäßig abgeblockt.
Dass Ryanair jetzt mit dem Komplettrückzug seiner Flotte von elf Passagiermaschinen droht, nur weil die Betreibergesellschaft demnächst 3 Euro Passagiergebühr erheben will, um endlich aus den roten Zahlen herauszukommen, ist glatte Erpressung - und ein bewusster Affront gegen die Anteilseigner der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH. Gibt die Betreibergesellschaft nicht nach, und zieht Ryanair seine Flotte tatsächlich ab - in der Finanzkrise vielleicht schlicht aus wirtschaftlichen Erwägungen -, werden in dem gerade neu gebauten Terminal bald nur die Mopsfledermäuse fliegen. Denn der Flughafen ist zu 95 Prozent von Ryanair abhängig. Gibt der Betreiber nach, bleibt er auf Dauer erpressbar und ist zudem in seiner Existenz gefährdet. Lange wird es nämlich die Frankfurter Fraport AG als größte Anteilseignerin nicht mehr hinnehmen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem "Hahn" weiterhin Verluste in Millionenhöhe "erwirtschaftet".
Eine Zwickmühle also für die Betreibergesellschaft. Einziger Ausweg: Hahn wird als Fracht- und Nachtflughafen Dependance von Rhein-Main. Aber daran hat die Fraport AG kein Interesse, weil sie ausschließlich auf die Kapazitätsausweitung in Frankfurt setzt (neuer Landebahnbau). Bald wohl wird es also heißen: "Der Hahn" ist tot.
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