Kommentar Runda: Erneut die Ethno-Karte gezückt
Nicht nur Ruanda ist instabil. In der gesamten Region des Afrika der Großen Seen steigt die politische Anspannung.
D rei fast zeitgleiche Granatenanschläge auf belebten Plätzen zur Berufsverkehrszeit an einem Freitagabend - das ist Terrorismus. Es steht zu vermuten, dass die jüngste Anschlagserie in Ruanda auf das Konto der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) gehen, und das wäre ein verheerendes Signal. In der FDLR versammeln sich die Verantwortlichen für Ruandas Völkermord.
In der gesamten Region des Afrika der Großen Seen steigt die politische Anspannung. Die FDLR ist durch die Verhaftung ihres Präsidenten Ignace Murwanashyaka in Deutschland und die Militärschläge gegen sie unter großen Druck geraten; zahlreiche ihrer Kämpfer lassen sich jetzt nach Ruanda repatriieren. Dort stehen im August Präsidentschaftswahlen an, bei denen eine Exiloppositionelle mit FDLR-Verbindungen gegen Tutsi-Präsident Paul Kagame kandidieren will.
Victoire Ingabire predigt Demokratie; aber sie spielt mit dem Feuer, wenn sie sich selbst als natürliche Vertreterin der Hutu als Opfer inszeniert. Die ruandische Staatsmacht antwortet mit gezielter Einschüchterung, und das politische Klima polarisiert in gefährlicher Weise. In diesem Zusammenhang sind Bombenanschläge ein probates Mittel der Eskalation.
Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur der taz.
Aber nicht allein auf Ruanda kommen unruhige Zeiten zu. Schon im Juni wird in Burundi gewählt, weitere Urnengänge stehen dieses Jahr in Tansania an, 2011 in Uganda und der Demokratischen Republik Kongo und 2012 in Kenia. In all diesen Ländern setzen die Scharfmacher ethnische Spaltung und das Aufeinanderhetzen von Milizen als Machtmittel ein. Wer verteidigt jetzt in einer Region, die in den letzten beiden Jahrzehnten Millionen Gewaltopfer zu beklagen hatte, die friedliche Koexistenz der Völker?
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