Kommentar: Risiko Schröder : Der Kanzler, die Belastung
Mutig zumindest sind sie, die führenden Genossen Nordrhein-Westfalens: Unverdrossen ignoriert die Düsseldorfer SPD-Zentrale die katastrophalen Umfragewerte ihrer Partei, unverdrossen setzt die Landespartei auf ihren Kanzler Gerhard Schröder. Doch ob der Macher das Ruder noch einmal herumreißen kann, scheint vier Monate vor den Europawahlen, sieben Monate vor den äußerst wichtigen Kommunalwahlen mehr als fraglich. Katastrophal die Stimmung an der Basis, die ihre Berliner Führung bereits vor dem Machtverlust warnt: Ein Desaster auch bei den Landtagswahlen dürfte unweigerlich einen Regierungswechsel auch in Berlin einläuten. Im Sommer haben Hochwasser auch an Rhein und Ruhr Seltenheitswert.
Das Problem des nordrhein-westfälischen SPD-Parteivorsitzenden Harald Schartau: Als Chef des größten Landesverbandes muss er Schröder stützen – aller Kritik zum Trotz. Mag die bundespolitisch wenig bedeutsame Bremer SPD auch auf Distanz zu Schröder gehen: Eine Ausladung des Kanzlers und SPD-Parteivorsitzenden durch Schartau wäre eine Demontage sondergleichen.
Also wird weiter auf Schröder gesetzt. Doch für den haben viele Bürger nur noch Wut und Verachtung übrig – der Sozialabbau fordert seinen Preis, auch bei den Genossen an der Basis. Die verübeln Schröder zusätzlich noch die vielen handwerklichen Fehler seiner Regierung, sei es bei dem Mautdesaster oder der Reform der Krankenversicherung. Für die Stimmungswende braucht Schartau keinen Kanzler – die SPD hofft auf ein Wunder. ANDREAS WYPUTTA