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Denkt man die seltsame Logik von Herrn Probst zu Ende, ist man bei lupenreiner Willkür - oder dort, wo Regeln nichts, Bakschisch aber alles sind. Mit Verlaub - da ziehe ich die (ursprünglich preussische) Regellogik bei weitem (!) vor. Es ist die dieser Regeltreue geschuldete Verlässlichkeit des deutschen Gemeinwesens, die nach ihrem eigenen Bekunden auch viele ausländische Mitbürger nicht mehr missen wollen, wenn sie hier längere Zeit gelebt haben.
In Leipzig-Connewitz erwartete die Polizei am „Tag X“ mit einem absurd teuren Großaufgebot den ganz großen Krawall. Und der kam – wie auf Bestellung.
Kommentar Regelgläubigkeit: Die Fuchtel des geschriebenen Worts
Regeln und Gesetze können in die Irre führen. Die richtige Handlungsweise wird sich nie vollständig regulieren und fixieren lassen.
Der Fall der Lübecker Arbeitsagentur, die einer schwangeren Frau das Arbeitslosengeld strich, macht einen schaudern. Wie kann es sein, dass die Arbeitsagentur einer Frau just in dem Moment, wo sie am dringendsten auf Schutz und Unterstützung angewiesen ist, zur Last fällt? Diesem Schrecken stellt sich ein weiterer zur Seite, wenn man im Verhalten der Arbeitsagentur nicht bloß den bedauerlichen Einzelfall sieht, sondern einen paradigmatischen Fall jenes hierzulande seit je blühenden Unwesens der Nomolatrie, der Verehrung von Regel und Gesetz.
Sich lediglich an Vorschriften gehalten zu haben - das ist die Zauberformel in der verwalteten Welt, mit der sich guten Gewissens das Ungeheuerliche ins Werk setzen lässt. Die Lübecker Sachbearbeiter haben einfach nur ihren Job gemacht, die Schuld, lautet die bekannte Ausrede, haben immer die anderen. Allerdings sollte man heute wissen, dass Regeln und Gesetze in die Irre gehen können. Vor allem aber: dass sich auch die richtige Handlungsweise nie vollständig regulieren und fixieren lassen wird.
Vorschriften, so zeigt uns der Fall von Lübeck, haben immer nur relativen Wert. Am Ende - und das ist eine Lehre, die man sich nicht oft genug in Erinnerung rufen kann - ist es der je Einzelne, der die Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss.
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Kommentar von
Maximilian Probst
Hamburg-Redakteur
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Maximilian Probst
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