Kommentar Rechtsextremismus im Sport: Keine Schule der Demokratie
Der Sport ist nicht die Schule der Demokratie, als die er sich selbst gern sieht. Erst wenn er das eingesehen hat, kann die Arbeit gegen die neuen Nazis in den Vereinen fruchten.
D er Sport feiert sich selbst gern als Schule der Demokratie. Im Verein würden Menschen "aus den unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen gemeinsam nach den gleichen Regeln zusammen Spaß haben", heißt es da gern. Solche Losungen waren auch am Dienstag zu hören, als die gemeinsame Kampagne von Sport und Politik "Foul von Rechtsaußen" vorgestellt wurde, vom "integrativen Wesen" des Sports und von Fairplay wurde da viel geredet.
Gut und richtig ist es, dass das Problem der rechten Unterwanderung von Sportvereinen ernst genommen wird. Auch die Programme, die von den Sportverbänden aufgelegt werden, zeigen, dass das Problembewusstsein gewachsen ist. Aber eines lässt sich der Sport nicht nehmen: die Grundannahme, dass er an sich gut ist.
Dabei gibt es viele Untersuchungen, die zeigen, dass gerade das Wesen des Sports jede Menge Anknüpfungspunkte für rechtes Gedankengut bietet. Da ist die Geschichte des Sports in Deutschland: Erstmals trafen sich deutsche Männer zum gemeinsamen Turnen zum Zwecke der Wehrertüchtigung für die Völkerschlachten des 19. Jahrhunderts. Gegenwärtig stellt vor allem der Fußball immer noch eine Männerdomäne mit festgefügten patriarchalen Strukturen und obrigkeitsorientierten Ritualen dar.
Neben den sportlichen Regeln, die freiwillig beachtet werden, herrscht im leistungsorientierten Sport auch ein abgestuft-ausgeklügeltes System von Befehl und Gehorsam. Die Strafe gehört nicht nur zum Regelwerk, sondern auch zum Handwerk vieler Trainer: Wer zu spät zum Training kommt, muss drei Strafrunden laufen!
Der Sport ist also nicht wirklich die Schule der Demokratie, als die er sich selbst gern sieht. Erst wenn er das eingesehen hat, kann die Arbeit gegen die neuen Nazis in den Vereinen wirklich fruchten.
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