Kommentar Ralley Dakar-Absage: Symbol im Wüstensand
Die Ralley Dakar wurde erstmals in 30 Jahren abgesagt. Gefährlich ist die Gegend des Wüstenrennes schon immer - das ist ja gerade der Witz daran.
Arno Frank ist Redakteur bei tazzwei, dem Gesellschaftsteil der taz.
Nicht Sandstürme, nicht Unfälle, nicht die Proteste von Umweltschützern - rein gar nichts konnte die Organisatoren und Teilnehmer des berüchtigten Wüstenrennens bislang schrecken. Seit 1979 wird die Rallye Paris-Dakar alljährlich ausgetragen. Selbst als ihr Erfinder, der französische Motorsportler Thierry Sabine, 1986 mit dem Hubschrauber abstürzte, raste der Konvoi ungebremst weiter. Jede Gefahr diente am Ende nur dazu, den romantischen Nimbus der Veranstaltung als postkoloniales Abenteuer für harte Männer und noch härtere Frauen zu nähren.
In den vergangenen Jahren waren immer mal einzelne Etappen der Rallye gestrichen worden, zuletzt in Mali. Doch gestern, einen Tag vor dem Startschuss in Lissabon, wurde das Spektakel zum ersten Mal in seiner 30-jährigen Geschichte vollständig abgesagt. Als Grund wurde die Ermordung von vier französischen Touristen vor zwei Wochen in Mauretanien angegeben - eine Tat, die al-Qaida zugeschrieben wird. Doch offenbar gab es auch direkte Drohungen gegen die Ausrichter der Rallye.
Das macht die Absage der weltbekannten Wüstenfahrt zum Politikum. Es ist das erste Mal, dass eine internationale Sportveranstaltung dieser Größenordnung aus Sicherheitsgründen komplett abgeblasen worden ist. Es ist, als würde wegen Terrorgefahr die Tour de France ausfallen - oder die Fußball-Europameisterschaft.
Unsicher war diese Weltgegend schon immer - das war ja gerade der Witz an der Rallye. Zwar wird das Rennen traditionell von kosmetischen Entwicklungshilfeprojekten in den beteiligten Ländern flankiert. Tatsächlich aber ist das extreme Gefälle zwischen reichen und rückständigen Weltgegenden selten so augenfällig wie bei dieser Veranstaltung. Kaum ein anderes Ereignis bietet daher wohl eine so große Angriffsfläche für extremistische Gewalt.
Das Medieninteresse an der "Dakar" stellt das an Darfur locker in den Schatten. Bleibt die Frage, von wem hier eigentlich der größere Terror ausgeht. Immerhin sind bei der Raserei seit 1979 etwa 60 Menschen getötet worden. ARNO FRANK
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