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Kommentar Orthodoxe in IsraelFromme Verhandlungsmasse

Kommentar von Susanne Knaul

Israels Verteidigungsminister Barak verschickt Musterungsbescheide an 15.000 Orthodoxe. Dass sie zum Militär müssen, ist unwahrscheinlich.

Als Wähler mächtig, als Soldaten gefragt: Orthodoxe in Israel. Bild: dpa

A uf Kriege ist sie vorbereitet, auf die Rekrutierung von 15.000 Orthodoxen nicht. Israels Armee, die in diesen Tagen Musterungsbescheide an die 17- bis 19-jährigen streng Gläubigen schickte, verschafft die Vorbereitung auf die Integration der Soldaten mit Sonderwünschen ordentliche Kopfschmerzen. Für die Politiker ist die Operation „fromme Rekrutierung“, die zu den zentralen Forderungen von Israels Sozialbewegung gehörte, Wahlkampfthema.

Seit zwei Monaten ist nach einem Gerichtsurteil eine gesetzliche Regelung überfällig, die die bislang gültige Regelung „Jeschiwa statt Armee“ ersetzt, also die Befreiung von Talmudschülern von der Wehrpflicht. Dass sich Verteidigungsminister Ehud Barak ausgerechnet jetzt daran erinnert, die Armee mit der Verschickung der Musterungsbescheide an den frommen Sektor zu erinnern, ist ein kümmerlicher Versuch, beim Wähler zu punkten.

Umfragen geben dem Ex-Regierungschef mit seiner neuen Kleinstpartei „Unabhängigkeit“ kaum Chancen, die 1,5- Prozent-Hürde ins Parlament zu schaffen. Problematisch für Barak ist, dass nicht nur die „Unabhängigkeit“ für eine gerechtere Verteilung der Staatsbürgerpflichten plädiert, sondern alle anderen weltlichen Parteien auch. Die religiösen sind dagegen. Die Wehrpflicht für Orthodoxe ist neben Iran und Wirtschaft das dritte große Thema im Wahlkampf.

Bild: taz
Susanne Knaul

ist Israel-Korrespondentin der taz.

Bei den Lösungsmodellen der weltlichen Parteien für die Rekrutierung der Frommen gibt es nur geringe Unterschiede. Es gilt, einen Balanceakt zu bewältigen, die sanfte Heranführung der Orthodoxen an die staatsbürgerlichen Pflichten bei gleichzeitiger maximaler Ausnutzung des eigenen Wählerpotenzials.

Aber mit der Verschickung der Musterungsbefehle passiert vorläufig noch gar nichts. Frühestens in einem Jahr müssten die frommen Männer in ihre Uniformen schlüpfen, doch bis dahin finden Koalitionsverhandlungen statt. Den frommen Parteien sind ihre Stimmen sicher, und sie haben sich den Einzug in die Regierung noch immer hoch honorieren lassen. Ob die Wehrpflicht tatsächlich kommt, ist daher mehr als fraglich.

Trotzdem muss die Armee auf alle Unwägbarkeiten vorbereitet sein. Strikte Geschlechtertrennung am Einsatzort und in den Unterkünften, koschere Küche und Gebetsräume müssen parat stehen. Millionen werden investiert für einen Ernstfall, der doch nicht eintreten wird.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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4 Kommentare

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  • A
    anke

    @Branko:

    "Das" ist weder "100%ig ein [...] Ding Isreals", noch ist es "ein rein innenpolitisches". Den ach so frommen Wunsch, es mögen doch bitte die Anderen sein, die ihren "Arsch hinhalten" für einen, gibt es durchaus auch anderswo auf dieser Welt und in vielen anderen Zusammenhängen. Er findet immer da Erfüllung, wo die Besitzer der Ärsche mehrheitlich nichts dagegen haben, dass man sie verheizt. Aus welchen Gründen auch immer.

  • G
    Gonzi

    Positiv gesehen gäbe es die Aussicht, wenn auch nur eine geringe wie Frau Knaul meint, auf koscheren Krieg, d.h. koschere Waffen und koschere Kriegshandlungen.

     

    Die Frage, alles koscher oder was, kann das nur von Nachteil sein?

  • E
    e.a.

    Sich selbst als auserwählt zu betrachten entbindet von allen Pflichten, aber berechtigt zu allen Privilegien.

  • B
    Branko

    Vielleicht hätte man noch drauf hinweisen können, daß es vor allem die Orthodoxen sind, die eine Politik Isreals schüren, die zu Militäreinsätzen führt.

     

    Es sind eben immer die anderen, die den Arsch hinhalten sollen.

    Aber das ist 100%ig ein rein innenpolitisches Ding Isreals.