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Kommentar OrganspendeFinanzieller Anreiz ist okay

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Der Protest gegen neue Modelle zur Organspende ist übertrieben. Die Option einer kleinen Belohnung wird nicht im "Organhandel" enden.

Ich hab mein Herz verschenkt", lautet der Titel einer Broschüre, mit der junge Organspender gewonnen werden sollen. Das Wortspiel klingt hübsch, aber mit "sein Herz verschenken", also sich verlieben, hat die Organspende nichts zu tun. Doch was ist die Spende dann? Darüber ist ein interessanter Streit entflammt.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Redakteurin für Sozialpolitik im Inlandsressort der taz.

Im Gespräch ist der Vorschlag der Medizinethikerin Alena Buyx, dass Menschen, die auf einem Organspendeausweis ihre Bereitschaft zur Entnahme im Todesfall bekunden, kleine geldwerte Vorteile erhalten sollen. Der Vorteil könnte ein Bonus bei einer Versicherung sein oder ein Zuschuss zu den Beerdigungskosten, der die Angehörigen entlasten würde. "Ein fataler Schritt", protestierte Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe. So etwas würde die "Tür zum Organhandel" öffnen.

Um "Organhandel" handelt es sich aber noch lange nicht, wenn in indirekter Form ein paar hundert oder vielleicht tausend Euro gewährt werden, damit jemand einen Organspendeausweis ausfüllt und bei sich trägt. Auch für das Blutspenden gibt es bei manchen Stellen eine kleine Aufwandsentschädigung. Bei einem regelrechten "Organhandel" fließen bekanntlich ganz andere Summen.

Gibt es die Option der kleinen Belohnung, wird immer noch jedem Menschen die freie Entscheidung überlassen, sich zum Organspender zu erklären oder nicht. Die Option wäre sogar freier von moralischem Druck als die viel diskutierte "Widerspruchslösung". Käme das Widerspruchsmodell, müssten die BürgerInnen zu Lebzeiten ausdrücklich erklären, dass sie als Organspender nicht zur Verfügung stehen. Sonst werden im Todesfall automatisch Organe entnommen.

Anstatt also jede Verbindung von Körperpolitik und Geld anzuprangern, wäre es ehrlicher, zuzugeben, dass es diese Verquickung längst allerorten und viel dramatischer gibt: etwa in der Zweiklassenmedizin. Die Motivation, einen Organspendeausweis wirklich auszufüllen und bei sich zu tragen durch Marktelemente wie eine kleine Belohnung zu erhöhen, muss zumindest diskutiert werden dürfen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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2 Kommentare

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  • A
    Alster

    Die Krankenkassen sollten die Beerdigungskosten

    für den Organspender bezahlen müssen. Das wäre

    gerecht. Das hatten wir ja schon mal, aber unsere

    Regierungen nehmen ja immer von denen, wo der

    Teufel nicht hinscheißt.

  • GF
    Gerhard Falk

    Wehret den Anfängen! Eine Weisheit nicht erst aus unseren Tagen. Das ist ja gerade das Verhängnisvolle: "Weil es schon längst angefangen hat..", komme es ja nun auch nicht mehr daran, wenn einen falschen Weg jetzt noch ein kleines Stückchen geht. Nein liebe Frau Dribbusch, am kleinen Finger hängen wir mit Allem dran. Deshalb sollten wir nicht den Falschen reichen.

     

    Ich habe einen Organspendeausweis immer bei mir - Sie auch?