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Kommentar OettingerDer Problembär von Brüssel

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Viele EU-Politiker haben nicht verstanden, was Klimaschutz bedeutet, es wird peinlich, peinlicher, am peinlichsten. Und dann gibt es noch Günther Oettinger.

Auf Eisbärsuche: Günther Oettinger. Bild: dpa

A ch ja, mal wieder ein richtiger Oettinger. Der EU-Kommissar, einst von der Kanzlerin aus Deutschland weggelobt, versteigt sich zu der Aussage, der Klimaschutz sei in Brüssel in den vergangenen Jahren übertrieben worden. Er will weniger „Gutmenschen“ im Europaparlament, keine Politiker, „die nach Grönland fahren und Eisbären streicheln“.

Nun hat er mit der Erkenntnis, dass der Besuch von Eisbären durch Politiker ein ziemlich überflüssiges Spektakel ist, natürlich recht. Aber seine Agitation gegen den Klimaschutz – Zitat: „Von strengeren Zielen auf dem Weg nach 2020 rate ich dringend ab“ – ist absurd. Auch aus wirtschaftlichen Gründen.

Denn in Zukunft werden sich gerade jene Unternehmen und Volkswirtschaften behaupten, die Klimaschutz ernst nehmen. Das ergibt sich schlicht aus den steigenden Preisen für fossile Energien. Wer sich davon langfristig unabhängig macht, indem er energieeffizient arbeitet und erneuerbare Energien nutzt, wird den Öl-, Gas- und Kohleverheizern wirtschaftlich überlegen sein.

Bild: taz
Bernward Janzing

ist Autor der taz.

Günther Oettinger hat das nie begriffen oder begreifen wollen. Oder glaubt er, es sei ökonomisch vernünftig, dass aus Europa jährlich Milliarden Euro für den Öl- und Gasimport abfließen?

Aber die stringente Analyse war nie Oettingers Metier. Umso mehr ist es seit seinem Wechsel nach Brüssel die Provokation. Als Deutschland nach Fukushima seinen Atomausstieg 2.0 festzurrte, sprach er sich für den Bau neuer Atomkraftwerke in Europa aus. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien wünscht er sich „eine Geschwindigkeitsbegrenzung“.

Und während der Solarstrom kurz vor der Wirtschaftlichkeit steht, sagt er: „Fotovoltaik kann hierzulande nie eine große und kostengünstige Stromquelle sein.“ Oettinger will Staub aufwirbeln – und wird damit am Ende selbst zum Problembären.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

15 Kommentare

 / 
  • P
    Peter

    Interessant wie eine Technik die sich seit ca. 150 Jahren nicht veränderte, als Zukunft verkauft wird.

    Der Wirkungsgrad eines explosionsbetriebenen Motor, auch Verbrennungsmotor genannt, ist extrem schlecht. Ohne dauerhafte Pflege würde er sich selbst auflösen.

    Außerdem stellt der Verbrennungsmotor fast genau so viel Wärme, wie Rotationsenergie her.

    Nicht selten hat ein Autokühler eine Leistung von 45kw.

    Man sollte sich den Spaß machen und die Heizleistung bei mittleren Verkehrsaufkommen ausrechnen. Da könnten locker paar Atommeiler ausgeschaltet werden.

     

    Der Oettinger ist vom gleichen Schlag wie Verheugen. Dieser verkaufte eine Messgeräte Toleranzerhöhung von 2 auf 3% als Verbraucherschutz.

    Die Energiemonopole freuen sich auf den Einbau der neuen Energiemessgeräte, eher Betrugsgeräte.

    Das Geld aus dem nichts, die Konten werden platzen, nebenbei können paar mehr Politiker gekauft werden.

    Der europäisch Kreisverkehr.

  • R
    Realist

    Photovoltaik und Elektromobilität sind die einzigen realistischen Möglichkeiten, den Klimawandel noch zu stoppen. Photovoltaik und Elektroautos sind bereits bei heute verfügbarer Technologie wirtschaftlich, es wird jedoch in vielen Ländern durch regelrechte Sabotage beim Netzanschluss und durch künstliche bürokratische Hürden bei der Genehmigung versucht, diese nicht monopolisierbare Form der Energieversorgung künstlich zu verteuern und zu blockieren. Wer anderes behauptet, ist leider schlecht informiert und versteht nichts energiewirtschaftlichen Strukturen und Investitionszeiträumen. Mit Photovoltaik ist es erstmals möglich, Energielieferverträge für 30 Jahre zu Festpreis abzuschließen.

  • C
    Cathrin

    highks

     

    ah ja und die Atomkraft hat nie auch nur einen Cent oder Pfennig an Subventionen bekommen?

    DieSchlichtheit manch einer Argumentation ist wirklich hübschbei immer weiter steigenden Rohjstoffpreisen. aber vielen ist der Sprit ja noch zu preiswert oder wie soll ich das stundenlange motorlaufenlassen werten:-)

    Es muss um Effizienz und vor allem um Vermeidung gehen. Schließlich wollen die anderen Staaten auch ein wenig Entwicklung.

  • S
    Schwabe

    Wie kurz vor und wieviel müssen wir noch dafür draufzahlen?

  • V
    vic

    Oettinger ist weniger Problembär denn Schadbär.

  • FY
    F. Y. Wimp

    @highks:

    Zum Glück werden Sie selbst in absehbarer Zeit noch das Wunder erleben dürfen, dass vermeintliche "Fantasieprojekte" wie Elektroautos und Photovoltaik sich in der Realität bewähren werden.

  • PP
    pk ppk

    @ positiv; @ pa weber

     

    nehmen wir mal z.b. die aluminiumproduktion: extremer energiebedarf, hohe emissionen/imissionen, streng reguliert in D.

     

    ab einer bestimmten schwelle wird dieser betrieb so unwirtschaftlich, dass er die produktion aufgibt.

    die nachfrage und der bedarf nach aluminium wird dennoch nicht sinken, aber sicherlich gern von den aluminium-produktionsbetrieben bedient, die im weniger klimahysterischen ausland stehen oder ggf. sogar zusätzlich dort gebaut werden.

     

    bilanz dieser aktion:

    co2-entstehung weltweit steigt, energieverbrennung etwa gleich, arbeitsplätze in D verloren.

     

    aber hautsache ihr fühlt euch gut und (moralisch) überlegen.

  • H
    highks

    Auch wenn ich den Oettinger für ein unerträgliches A******ch halte, muss man ihm doch zugestehen, dass er in Sachen Photovoltaik leider recht hat.

     

    Elektroautos und Photovoltaik sind Fantasieprojekte, in die unglaublich viele Subventionen versenkt werden - leider werden sie niemals wirtschaftlich oder gar umweltfreundlich sein!

  • M
    menschenfreund

    Mir könnet gar nix - außer schwäbisch...

  • K
    Köstlich

    "Und während der Solarstrom kurz vor der Wirtschaftlichkeit steht"

     

    Köööstlich, Herr Janzing, köstlich, habe Tränen in den Augen, lange nicht mehr so gut gelacht.

  • BH
    Bert Huber

    In Österreich würd man sagen - ein Volltrottel - oder korrupt. Mehr gibts dazu nicht zu sagen. Schade um jeden Euro den der verdient. Nasse Fetzen tätens auch.

  • PA
    Peter A. Weber

    Könnte es vielleicht sein, daß pk ppk noch viel weniger als Oettinger verstanden hat?

     

    Soll der Leserbrief etwas ein Aufruf dazu sein, künftig hemmungslosen Wirtschaftsimperialismus zum ethischen Glaubenssatz zu erheben? Seit wann stellt es eine sinnvolle Konsequenz dar, den von anderen begangenen Blödsinn, die Verantwortungslosigkeiten oder Untaten auch selbst zu begehen, nur weil es andere auch tun? Dann kann ich ja gleich im Alltag des neoliberalen Konkurrenzkampfes meine Mitstreiter in Wildwestmanier abballern! Das wäre doch der direktere und ehrlichere Weg, dem Sozialdarwinismus zum Sieg zu verhelfen, das Faustrecht wieder einzuführen und den Starken und Geistlosen von vorneherein zum unbestrittenen Herrscher des Planeten zu deklarieren.

  • S
    Schraube

    Wenn er bspw. auf die Posse "Glühbirnenverbot" in der EU anspielen wollte hat er ja durchaus recht wenn er sagt dass einiges übertrieben wurde.

  • P
    positiv

    pk ppk

    scheint "nix capito" !!!

     

    In Europa werden die Branchen und Industriezweige überleben, die sich auf Energieeffizienz und Energie sparen konzentrieren

    konzentrieren. Wer soll denn in Zukunft die immer teurer werdenden Rechnungen für Öl, Gas, Kohle und Uran und die Beseitigung der durch diese Energierohstoffe hervor gerufenen Schäden bezahlen ? Der Weg in eine andere Energiewirtschaft ist der einzige Weg in die Zukunft. Dabei müssen riesige Widerstände, die aus der "alten" Energiewirtschaft kommen überwunden werden.

  • PP
    pk ppk

    Oettinger hat nichts verstanden???

     

    Vielleicht hat auch der Autor dieses Artikels nichts verstanden!?

     

    Oettinger möchte die weitere De-Industrialisierung Europas verhindern - und es wird ggf. sogar dem Autor einleuchten, dass ein abwandernder Industriebetrieb am neuen Standort in Wasweißichwo-City ebenfalls CO2 produzieren wird - vielleicht sogar noch mehr als zuvor wegen geringerer Restriktionen. Der europäischen "Klimabilanz" könnte damit auf dem Papier geholfen sein - jedoch ist dem Klima damit Null-Komma-Null geholfen.

     

    Capito??