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Kommentar Öko-KonsumUnsexy Klimaschutz

Kommentar von Stephan Kosch

Nur vier Prozent der Deutschen sind bereit, für ein Öko-Produkt mehr zu zahlen. Mit besserem Marketing würde sich das ändern.

Bild: taz

Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Klimaschutz spielt im Konsumverhalten der allermeisten Deutschen keine Rolle. Sie finden ihn zwar wichtig, wollen aber nichts dafür zahlen. Mit diesem Ergebnis einer aktuellen Studie gingen nun Unternehmen an die Öffentlichkeit, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben. Das könnte man zum Anlass nehmen, auf die mangelnde Verantwortung und Moral von "König Kunde" einzudreschen; oder den Firmen zu unterstellen, dass sie Argumente gegen klimafreundliche Produkte sammeln. Beides greift zu kurz.

Denn Unternehmer wie Kunden reagieren marktwirtschaftlich. Sie kalkulieren nach Kosten und Nutzen. Der eine streicht den Gewinn ein, der andere profitiert von dem gekauften Produkt oder der Dienstleistung. Wer zu einem klimafreundlichen und meist teureren Produkt greift, ist nicht weniger selbstlos. Er will ein schlechtes Gewissen beruhigen oder sich an einem guten erfreuen und seinen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Dagegen ist nichts einzuwenden, hat aber mit dem konkreten Warenwert einer Flugreise oder eines Apfels nicht zu tun. Man verschafft sich ein gutes Gefühl.

Dass dafür die meisten Kunden nicht mehr zahlen wollen, gleichzeitig diesen Wohlfühlfaktor bei übermotorisierten Autos oder horrend teuren Designer-Schühchen aber nutzen, zeigt einerseits das Problem und andererseits die Lösung. Klimaschutz ist noch immer nicht sexy. Aber er könnte es werden. Denn das Aufladen von Produkten mit Attributen über den Nutzwert hinaus ist der Job des Marketings. Und das können zum Beispiel die Mineralölkonzerne gut, denn sie müssen den Kunden immer wieder dazu bringen, ihren teuren Sprit zu kaufen und nicht das No-Name-Benzin an einer freien Tanke nebenan.

Aral bietet seinen Kunden an, das beim Autofahren ausgestoßene CO2 zu neutralisieren. Das ist zu loben. Doch warum weiß das kaum jemand? Weil es nicht offensiv beworben wurde. Weil sich hochbezahlte Werbestrategen noch immer nicht genug Gedanken darüber machen, wie Öko sexy werden kann. Es wäre für jedes Unternehmen lohnend, hier zu investieren. Seinem Image würde es auf jeden Fall dienen. Und dem Klimaschutz sowieso.

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2 Kommentare

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  • NK
    nico k.

    Das Marketing der Firmen spielt sicherlich eine Rolle und vielleicht wird das Öko sein auch als unsexy empfunden (nicht zuletzt auch wegen Kommentaren wie diesen). Der vermeintliche Egoismus wird zwar angesprochen aber dann doch vernachlässigt. Den Leuten zu erzählen, dass sie sich rational oder irrational, im Grunde aber eh egoistisch verhalten bei Kauf von klimaverträglichen Produkten ist schon starker Tobak. So kann man Öko auch schlecht reden, trotz anderer Intention. Konsequenz: Wir brauchen mehr reiche unsexy Egoisten und mehr Werbung! Wunderbar.

  • H
    Hallo?

    Dürfte ich da gerade einmal eine Nachfrage stellen?

    Zitate:

    "... gingen nun Unternehmen an die Öffentlichkeit, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben."

    "Doch warum weiß das kaum jemand? Weil es nicht offensiv beworben wurde."

     

    Erstere Aussage erstaunt mich, reden wir hier doch von BP und der Allianz. Letzteres dürfte dann wohl die Erklärung sein.