Kommentar Obdachlosenpolitik: Miles in klein
Die Diskussion über ein eine Luxustoilette für Obdachlose hätte der Bezirksamtschef verhindern können - wenn er gewollt hätte.
K ersten Miles, so viel ist sicher, war von 1378 bis 1420 Bürgermeister Hamburgs. Unsicher ist seine Rolle bei der Hinrichtung Störtebekers. Der Legende nach hat er ihm zugesichert, dass all die seiner Kameraden verschont blieben, an denen er enthauptet vorübergehen würde. Störtebeker schaffte elf - und alle ließ Miles töten.
Das Täuschungsmanöver von Miles ist nicht belegt und ebenso ungewiss ist, ob Bezirksamtsleiter Schreiber, ein kleines Licht in der Nachfolge, die Öffentlichkeit wissentlich täuschte. Sicher ist, dass der Bezirk keinesfalls den Toilettenbau an der Kersten-Miles-Brücke bezahlen wollte. Sicher ist auch, dass die Baubehörde darauf verwies, dass sie die geplante Toilette für zu groß hielt - und damit die Kosten von einer halben Million für zu hoch gegriffen. Bei deren Bekanntgabe begann prompt eine Diskussion über eine Luxustoilette für Obdachlose. Die hätte Schreiber möglicherweise verhindern können - wenn er gewollt hätte.
Markus Schreiber hat sich mit der Errichtung eines Sperrzauns als wenig glücklich im Umgang mit Obdachlosen gezeigt. Die gute Nachricht ist, dass das zu einem Aufschrei in der Stadt führte. Die schlechte, dass Schreiber nichts daraus gelernt zu haben scheint. So wirken seine Beteuerungen, an einer Lösung für alle interessiert zu sein, etwa so glaubwürdig wie Kersten Miles als Schutzpatron der Seeräuber.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator