Kommentar Obamas Vereidigungsrede: Klarer Bruch in Washington
Obama verspricht eine neue politische Kultur - ein neues Amerika.
Barack Obama ist Präsident der USA. Endlich. Noch einmal haben sich große Menschenmengen versammelt, Millionen in Washington, Abermillionen vor den Fernsehschirmen rund um den Globus, um den historischen Fortschritt zu feiern, den Obamas Amtsübernahme bedeutet.
In seiner Rede lässt Obama Themen früherer Reden anklingen - den amerikanischen Traum, das Versprechen von gleichen Aufstiegsmöglichkeiten, das er selbst verkörpert. Aber für Obamas Verhältnisse, und für die Standards präsidentieller Antrittsreden, hält sich der neue Präsident auf den Stufen des Capitols mit Pathos zurück. Obama weiß, dass er selbst Geschichte genug ist. Da braucht es vielleicht nicht die eine Zeile, die Generationen in Erinnerung bleibt. Allerdings gibt Obama ein ganz großes Versprechen: Das einer Zeitenwende und der Wiederaneignung der USA durch jene, die die noblen Seiten der US-amerikanischen Idee verkörpern - im Unterschied zu denen, die noch bis Dienstag in Washington regierten. Selten war eine Antrittsrede eine so unversöhnliche Abrechnung mit der Vorgängerregierung. Selten auch wurde der Moment so herbeigesehnt, da sich der Vorgänger in den Hubschrauber verabschiedet.
Obama orientiert sich an Franklin D. Roosevelts Antrittsrede 1933, wenn er im ersten Teil Wahrheiten ausspricht: von der Wirtschaftskrise, von den Herausforderungen, von den Kriegen. Wo Roosevelt sagte, das Einzige, was die USA wirklich fürchten müssten, sei die Furcht, sagt Obama: "Ich sage euch: Die Herausforderungen sind real. Sie sind ernsthaft und zahlreich. Sie werden nicht in einer kurzen Zeit zu bewältigen sein. Aber wisse dies, Amerika: Sie werden bewältigt werden."
Es ist diese Mischung aus Rede an die Geschichte und Ansprache zu seinem Publikum des Tages, die Obama beherrscht wie kaum ein anderer Politiker. Nicht zuletzt diese Fähigkeit hat ihn bis ins Weiße Haus geführt. Aber die Beseeltheit von der eigenen historischen Mission trägt nicht ewig. Ab jetzt kommt es darauf an, dass Obama die versprochene Wende weniger holprig in Gang setzt als seinen Amtseid.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben