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Kommentar ObamaBloß nicht schwarz werden

Kommentar von Veit Medick

Damit er nicht als Duckmäuser dasteht, wird wohl auch Obama bald auf Angriff schalten. Doch er sollte aufpassen, sich nicht als Kandidat der Schwarzen abstempeln zu lassen.

M athematisch gesehen, läuft es Obama prima. Er führt bei den Delegierten, in absoluten Wählerstimmen und hat fast doppelt so viele Staaten gewonnen wie seine Konkurrentin Hillary Clinton. Trotzdem dürfte Obama auch nach seinem klaren Erfolg in Mississippi nicht gerade in Feierlaune sein. Schuld daran ist seine erste katastrophale Wahlkampfwoche. Seine Konkurrentin scheint vor nichts zurückzuschrecken, um gegen John McCain anzutreten, und der demokratischen Partei droht eine gefährliche Spaltung.

Bild: taz

Veit Medick, 27, ist Volontär bei der taz.

Clintons Feuerwerk an Attacken seit ihren Comeback-Siegen in Ohio und Texas hat vor allem eines zum Vorschein gebracht: Unter Druck macht Obamas Kampagne Fehler. Erst titulierte seine außenpolitische Beraterin Clinton als Monster und musste das Wahlkampfteam verlassen, dann lieferte eine weitere Beraterin mit widersprüchlichen Aussagen zu Obamas Irak-Abzugsplänen der Gegnerin billige Wahlkampfmunition.

Es spricht viel dafür, dass auch Obama auf Angriff schalten wird, um nicht als Duckmäuser in die Geschichte einzugehen. Die anstehende Schlammschlacht aber dürfte etliche Anhänger verprellen und die Siegeschancen der Partei im November schmälern. Obama selbst läuft Gefahr, dass ihm sein wertvollstes Pfund abhanden kommt: sein Image als neuer Politikertypus, dem zugetraut wird, die Washingtoner Grabenkämpfe genauso überwinden zu können wie gesellschaftliche Grenzen von Geschlecht, Schicht oder Herkunft.

Ändert er nun seine bislang kühle Haltung gegenüber Clintons Attacken, geht also in die Offensive und bekämpft sie mit ihren eigenen Waffen, trägt er seinen Teil dazu bei, die demokratische Wählerschaft zusätzlich zu polarisieren. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass aus dem ursprünglichen Wettkampf der Ideen vollends ein Wettkampf der weitgehend überwunden geglaubten Identitäten Schwarz und Weiß zu werden droht. Eine Identifizierung als Kandidat der Schwarzen ist aber das Letzte, was Obama weiterhilft. Die ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Al Sharpton und Jesse Jackson können ein Lied davon singen.

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