Kommentar Obama in China: Gesundsreform schlägt Klimaschutz
Solange die Gesundsheitsreform nicht in trockenen Tüchern ist, wird Obama keine weiteren Baustellen eröffnen.
Präsident Barack Obama ist in China an die Grenzen der Weltmacht USA gestoßen. Nun kommt er ohne die von vielen erhofften Zusagen in Sachen Klima zurück. Über diese Niederlage kann auch das Wortgerassel von wegen "rechtlich bindendes Abkommen" nicht hinwegtäuschen, das Obama und Hu sich so vage von Kopenhagen versprechen, ohne Zusagen für eine Verringerung der Treibhausgase zu machen. Es klingt wie eine Beschwörungsformel der beiden größten Umweltverpester der Erde. Gemeinsame Verantwortung schön und gut, sagt Hu zu Obama. Aber bitte immer schön differenzieren: Unser wirtschaftlicher Ausgangspunkt ist ein ganz anderer als der von der Industrienation USA.
Und doch gleichen sich die Interessenlagen. Spricht Obama zu Hause über das Weltklima, dann - mit Blick auf das konservative Lager - stets in einem Atemzug mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorzügen: Millionen Jobs durch Wind-, Solar- und geothermischer Energie verspricht er seinem von Rezession geschüttelten Volk. Und auch die Chinesen preschen aggressiv auf diesen Markt der alternativen Energien - und beginnen US-Firmen bereits zu verdrängen, etwa bei der Herstellung von Windturbinen in Texas.
Für Präsident Obama ist eine Schmalspurlösung in Sachen Klima taktisch das Beste. Denn im US-Kongress wartet auf ihn der zunächst größte innenpolitische Klimagegner: die Gesundheitsreform. Bevor dieses größte Hindernis nicht aus dem Weg geräumt ist, wird Obama sich hüten, weitere Baustellen zu eröffnen. Tunlichst will er vermeiden, dass es ihm so ergeht wie Bill Clinton. Der stimmte dem Kioto-Protokoll zu und bekam dann im US-Senat keine Mehrheit dafür. Mit Zusagen der USA für die Reduzierung der Treibhausgase - mit oder ohne China - wird daher frühestens nächstes Jahr zu rechnen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Konsequenzen der Messerattacke
Weder „Remigration“ noch Bleiberecht für alle
AfD-Wahlkampfauftakt in Halle
Bier, Bratwurst, Rassismus
5 Jahre Coronavirus
Was von der Pandemie übrig blieb
Proteste gegen Rechtsextremismus
Etwa 100.000 Menschen für Vielfalt auf der Straße
Christian Drosten
„Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich“
Appell für Verhandlungen über Abrüstung
„Friedensfähig statt erstschlagfähig“