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Kommentar NPD-VerbotNazis doch nützlich?

Kommentar von Patrick Gensing

Bei der NPD verfolgt die Union einen rätselhaften Kurs. Ein NPD-Verbot ist nur duchsetzbar, wenn die V-Leute abgezogen werden. Doch da weigert sich die Union.

N iedersachsens Innenminister Schünemann spricht von Verantwortungslosigkeit. Sein Amtskollege in Brandenburg, Schönbohm, wittert eine Schweinerei. Was war geschehen?

Berlins Innensenator Körting hatte verkündet, dass sein Verfassungsschutz nicht mehr mit V-Leuten in der NPD-Spitze kooperiert - das war bekannt. Zudem teilte Körting mit, dies gelte auch für Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt - das hatte man vermutet. Körtings Parteifreunde aus diesen Ländern fühlen sich allerdings düpiert, von einem "unfreundlichen Akt" ist die Rede. Hier geht es um formale Dinge.

Warum aber die Empörung bei den Innenministern, die gar nicht genannt wurden? Weil sie sich inhaltlich attackiert fühlen müssen; und weil ihre Behauptung, V-Leute in der NPD-Spitze seien unverzichtbar, demnächst öffentlich überprüft werden kann. In den Ländern mit SPD-Innenministern wird die NPD weiterhin überwacht, ohne dass der Staat mit Nazifunktionären kooperiert - zum Beispiel durch die Auswertung öffentlicher Quellen sowie den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Telefonüberwachung.

Dieses Vorgehen müsste auch in der Union Freunde finden: Noch jüngst stellte kein Geringerer als Bayerns Ministerpräsident Seehofer den Wert der Informationen, die bezahlte Neonazis liefern, infrage. Zudem kündigte Bayern nach dem Mannichl-Attentat ein erneutes NPD-Verbotsverfahren an. Dieses kann aber nur Chancen haben, wenn die Informanten aus der NPD-Spitze verschwinden. Nun aber, da es konkret wird, bezeichnet Bayerns Innenminister Herrmann das Abschalten der V-Männer plötzlich als "falsch und gefährlich".

Die Union verfolgt einen rätselhaften Kurs. Wäre das Ende der V-Mann-Praxis das Eingeständnis, viele Jahre die falsche Strategie verfolgt zu haben? Oder ist die NPD letztlich doch der nützliche Idiot, der eine ernstzunehmende Partei rechts von der Union verhindert? Solange der Wert der Informationen von V-Männern nicht überprüfbar ist, sind solchen Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

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3 Kommentare

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  • TF
    Tobias Freund

    eine frage darf gestellt werden:

     

    am sonntag habe ich im schwimmbad miterelbt, wie eine hellhäutige schwangere frau von einer gruppe gewaltbereiter ausländer mit tennisbällen attackiert wurde. ein ball traf den bauch der schwangeren, die daraufhin anfing zu schreien vor schmerz.

     

    einige meinten im hintergrund, man müsse denen einhalt gebieten. eine wahl der rechten wäre ein anfang, ein anfang vom ende? was kann man dagegen tun?

  • M
    Mephane

    Den herrschenden Parteien - ganz besonders der CDU/CSU kommt die Existenz der NPD und allgemein der Neonazis doch nur gelegen - so hat man ein Feindbild, dass immer wieder für allerlei Gesetzänderungen herhalten kann - siehe eingeschränktes Versammlungsrecht in einigen Bundesländern, welches explizit mit der Begründung des Kampfes gegen Rechtsextreme durchgesetzt wurde. Linksextreme taugen dafür nicht so gut, da sie weder zahlreich noch agressiv genug sind (sehr viele der randalierenden angeblichen 'Autonomen' auf Demos sind eh nur Agent Provocateure der Polizei).

     

    Letztlich sind die Forderungen nach einem NPD-Verbot mehr Lippenbekenntnisse als alles andere.

  • WD
    Walter Drews

    Am Ende wird die NPD ohne die V-Leute noch eine respektable demokratische Partei. Dann würde ich noch eintreten und mithelfen, damit die CDU die Wähler des rechten Rands verliert.

    Das und nur das ist die Angst der CDU/CSU!