Kommentar NPD-Verbot: Ein Beschluss, der keiner ist
Die Politik muss sich entscheiden: Will sie das NPD-Verbot als Signal der wehrhaften Demokratie? Oder ist ihr eine halbwegs transparente NPD lieber?
D ieser Beschluss der Innenministerkonferenz ist ein Witz: Eine Arbeitsgruppe soll zur Prüfung eines NPD-Verbots eingerichtet werden, obwohl es eine ebensolche schon seit Juli gibt. Das heißt: Die Innenminister wollen die Diskussion wieder mal auf die lange Bank schieben.
Dabei ist das Thema wirklich nicht neu: Seit 2003, als das Bundesverfassungsgericht ein erstes Verbotsverfahren wegen der vielen V-Leute in der NPD-Führung einstellte, wird ständig über eine Neuauflage diskutiert: Bei Wahlerfolgen der NPD, bei unappetitlichen Demonstrationen, nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Mannichl, nach dem Massaker in Norwegen - bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit kommt die Forderung auf.
Tatsächlich müsste sich die Politik endlich einigen: Will sie das NPD-Verbot als Signal der wehrhaften Demokratie, die der Neonaziszene eine Zeit lang Finanzierung und Infrastruktur entzieht? Oder ist ihr eine halbwegs transparente NPD lieber als eine Radikalisierung der Kader in einer diffusen Kameradschaftsszene?
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Die V-Mann-Frage ist letztlich nur vorgeschoben. Selbstverständlich könnten Informanten in der NPD-Führung ohne größere Gefahren für die Sicherheit abgeschaltet werden. Bisher haben sie Gewalt wie die NSU-Morde nicht verhindert. Und V-Leute in Schlägertrupps blieben ja zulässig.
Solange das NPD-Verbot aber nur Ersatzhandlung aus Betroffenheit ist, sollte man das Ganze bleiben lassen. Denn dann werden eh nicht alle Länder überzeugt und ihre V-Leute abziehen. Wenn die NPD aber nachweislich und strukturell zum Deckmantel für Gewalttaten wird, dann wird sich niemand der Forderung nach einem Parteienverbot entziehen. Bis zu diesem - bisher nicht erfolgten - Beweis könnten uns die Minister diese Endlosdiskussion ersparen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo