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Kommentar Münchner FlughafenKleingeistig? Na und!

Kommentar von Richard Rother

Die Münchner wählten lokal und dachten global: Die überraschende Ablehnung des Großflughafens ist eine Solidaritätserklärung mit dem lärmgeplagten Umland.

W elch eine Überraschung! Obwohl die allermeisten Münchner nicht direkt von der Erweiterung ihres Großflughafens betroffen sind, lehnte eine deutliche Mehrheit die geplante dritte Start- und Landebahn am Sonntag in einem Bürgerentscheid ab.

Selten hatte ein kommunaler Bürgerentscheid, an den die Stadt München als Miteignerin des Flughafens gebunden ist, eine so weit reichende Bedeutung. Anders gesagt: Die Münchner wählten lokal, aber sie dachten global.

Ohne dritte Start- und Landebahn sei die Funktion des Flughafens als zweitgrößtes Luftdrehkreuz in Deutschland langfristig nicht zu halten, betonten die Ausbaufreunde. Man müsse auf tausende neue Arbeitsplätze verzichten. Knappe Antwort der Münchner: Na und! Wollen wir nicht, brauchen wir nicht!

Richard Rother

ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Für sie sind die Grenzen des Wachstums erreicht. Ihre Haltung ist von der Solidarität mit dem lärmgeplagten Umland geprägt: Wenn zwei Landebahnen nicht ausreichen, sollen die Flugzeuge, die um den Globus jetten, eben woanders (zwischen)landen.

Die Flughafenfans mögen das kleingeistig finden, letztlich ist es rational. München und sein Umland brauchen keine Jobs um jeden Preis – im Unterschied zu Leipzig und Berlin. In München und Umgebung herrscht de facto Vollbeschäftigung. Noch mehr Jobs auf dem Flughafen – vor allem relativ schlecht bezahlte wie beim Wachschutz oder im Einzelhandel – sind für viele Münchner nicht erstrebenswert. Zudem bedeuten neue Jobs: noch mehr Staus, noch mehr überfüllte U-Bahnen, noch höhere Mieten, noch teurere Immobilien.

Das alles wollen die Münchner nicht. Die Münchner Stadtverwaltung sollte dieses Votum ernst nehmen. Nicht nur in Sachen Flughafen.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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7 Kommentare

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  • A
    Andi

    Nach dem (vorläufigem) Aus der 3.Startbahn suchen die drei Startbahn - SPD/CSU/FDP - nach dem Schuldigen dieser Niederlage. Das hier aus dem Lager der Beiden - CSU/FDP - sofort der Münchener SPD OberBürgermeister Christian Ude als Sündenbock festgelegt wurde überrascht keinen.

    Die Gründe dafür liegen aber in vielen verschiedenen Faktoren, aber auch bei Christian Ude.

    Zum einen waren die Plakate der Befürworter sehr Arrogant, gar hemisch. Dem Münchener Volk vorzulügen, dass die Arbeitsplätze des Flughafens unsicher wären,

    München eine "Provinz" sei und erst nach der 3.Bahn eine Weltstadt werde, die Milliarde Investition nicht München trage und auch wurde immer wieder kleingeredet, dass die Flughafengesellschaft in Millionen Schulden schwimmt.

     

    Auf den OberBürgermeister Ude sind auch viele sauer, weil er viel verheimlicht - gar korrupt sei.

    Nach jahrzehnterlanger SPD Herrschaft in München ist dies auch gar nicht mal abwägig, wenn wir sehen, dass die Alleinherrschaft der CSU in Bayern bröckelte und viele korrupten Machenschaften ans Licht kamen.

    Um sachlich zu bleiben, Ude hat nicht in die Stadt investiert. Wohnungsnot, Personalmangel(KiGa,usw.) und Sozialabbau sind zu spüren. Zwar ist der Arbeitsmarkt flurrierend, aber dies liegt nicht unbeding an Ude und hinzu kommt, dass der Niedriglohnsektor glänzt.

     

    Wie haben es die Biermösl Sänger es noch gesagt:

    Es ging uns nicht um die CSU. Es ging uns um die Alleinherrschaft und die dadurch enstandene Korruption.

     

    Politikwechsel in München tut den Münchenern gut.

  • I
    ijoe

    Das wird die Grünen aber mächtig stören: nach Auskunft einiger Bundestagsabgeordneter sehen sie es als unverzichtbar an, ihre Wichtigkeit permanent in Fliegern zu transportieren. Wer sonst könnte die Welt retten?

  • H
    HamburgerX

    Stadtflughäfen sollten nach und nach Landflughäfen weichen, die außerhalb liegen und wo ein zusätzliche Startbahn so gut wie niemanden in der Lebensqualität beeinträchtigt, da Lärm und Verkehr ausgelagert sind. Oder man macht die Flugzeuge eben deutlich leiser.

  • S
    siegfried

    Bravo Bürger von München!! Hätte vor Jahren das Umfeld von Frankfurt mehr Dampf gemacht, müsste das Rhein-Main-Gebiet nicht unter dem inzwischen massiven Fluglärm leiden.

    Leider sind unsere Volkvertreter, besonders die aus Hessen, mehr an den Herren von Fraport AG und Lufthansa interessiert. Champagner und Häppchen in der Vorstandsebene der Fraport AG sind halt attraktiver...und wer weiß nicht noch alles.

    Zeit für einen Führungswechsel in der Politik!!

  • S
    Simon

    Quatsch, auf Grund der im letzten Abschnitt genannten Argumente (Mieten, Staus, aber auch mehr Zuzug nicht gebuertiger Muenchner) haben die Muenchner sehr wohl nach Eigeninteressen entschieden, deshalb ist die Unterueberschrift und die Einleitung Unsinn.

  • X
    xyz

    M.E. war das Abstimmungsergebnis nicht eine Erklärung für nachhaltigeres Leben, sondern eine Erklärung pro Demokratie im klassischen Sinne. Ich persönlich habe auch dagegen gestimmt, obwohl ich an sich für eine Erweiterung bin. Aber was mir völlig gegen den Strich geht, ist der Umstand, dass die Hauptbetroffenen in negativer Hinsicht - die flughafennahen Landkreise nämlich - überhaupt keine Möglichkeit der Abstimmung hatten. Geht gar nicht!

  • J
    Jehova

    Oh mein Gott, ohne 3. Startbahn werden

    wir alle sterben! Das ist unser Untergang!

     

    Schließlich ist es für das Überleben der Menschheit dringend notwendig, dass wir noch mehr Billig-Flüge für 59,- Euro zum Ballermann anbieten. Es ist schließlich ein Grundrecht des deutschen Bierdimpfls, dass er Wurstl con Krauti und deutsches Bier auf Malle zum Spottpreis bekommt. Wer soll denn sonst Umweltzerstörung und Klimakatastrophe mit Billigflügen beschleunigen, wenn nicht wir?