Kommentar Moratorium zu deutschen AKWs: Regierung will ihre Laufzeit verlängern
Merkel will die Laufzeitverlängerung für AKWs aussetzen. Ist das nur ein Trick? Oder eine ernst gemeinte Revision? Schwarz-Gelb gewinnt mit diesem Manöver jedenfalls Zeit.
S elten hat man eine Regierung so konfus erlebt. Am Sonntag war die Forderung, dass die deutsche Atompolitik nach Fukushima komplett überprüft gehört, für Schwarz-Gelb noch eine Art Kampagne von Rot-Grün. Nun ist dies die offizielle Linie der Bundesregierung. Die Wahrheit ist bei Angela Merkel eine Frage des Zeitpunkts.
Merkel will die Laufzeitverlängerung für AKWs für drei Monate aussetzen. Ist das nur ein Trick? Oder eine ernst gemeinte Revision eines politischen Fehlers? Schwarz-Gelb gewinnt mit diesem Manöver Zeit. Mit Neckarwestheim 1 in Baden-Württemberg wird nun eines der ältesten Kraftwerke erst mal vom Netz genommen. Der CDU-Mann Stefan Mappus ist ein glühender Anhänger der Atomtechnik, eine Wahlniederlage in Stuttgart wäre ein Desaster für die CDU. Das Moratorium ist auch ein Versuch, die Angriffsfläche zu verkleinern. Also alles nur Rhetorik?
Nein. Denn Schwarz-Gelb kann die Debatte über den Atomausstieg in drei Monaten nicht einfach wieder ausknipsen. Die Öffentlichkeit reagiert, weit über das grüne Milieu hinaus, extrem empfindlich auf die Katastrophe in Japan. Auch die CDU-Anhänger waren mehrheitlich stets gegen die Laufzeitverlängerung.
STEFAN REINECKE ist Redakteur im Berliner Parlamentsbüro der taz.
Schwarz-Gelb will nun die Sicherheit der AKWs überprüfen. Dabei wird kaum anderes herauskommen als das, was man weiß. Die alten Kraftwerke sind nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert und auch nicht dagegen nachrüstbar. Schwarz-Gelb wird dieses Thema nicht mehr los.
Was bleibt dabei von Angela Merkel? Die Laufzeitverlängerung war mal das Herzstück des "Herbstes der Entscheidungen" und der schwarzen-gelben Industriepolitik. Doch Merkels Atompolitik ist am Montag krachend gescheitert - auch wenn noch nicht alle das wahrhaben wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen