Kommentar Minijobs: Die Frauenfalle
Minijobs sind eine Frauenfalle - sie führen zu und verstetigen häufig weibliche Armut. Deshalb sollte zumindest die Wochenarbeitszeit begrenzt werden.
A uf 450 Euro soll die Verdienstobergrenze für Minijobs erhöht werden. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Details dazu im ersten Quartal dieses Jahres "sondieren". Diese Aufstockung, von der FDP vorangetrieben, ist für ihr Image schädlich. Denn die "Minijobs" sind eine Frauenfalle.
3,2 Millionen Frauen arbeiten ausschließlich in diesen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Oft, aber nicht immer handelt es sich um die typische Hinzuverdienerexistenz der Ehefrau, die ein hochriskantes Konzept ist, falls die Ehe scheitert. Dann landet die Frau im Heer der Alleinerziehenden, bezieht vielleicht sogar Hartz-IV und stockt auf - mit einem Minijob zum Beispiel. So entsteht weibliche Armut.
Warum also die Minijobs nicht einfach abschaffen beziehungsweise von null an sozialversicherungspflichtig machen, wie auch Forscher der Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag wieder forderten? Dazu gibt es Erfahrungen. 1998 hatte der frisch eingesetzte SPD-Arbeitsminister Walter Riester angekündigt, die Minijobs sozialversicherungspflichtig zu machen - es folgte ein Proteststurm der Zeitungsverleger, die um ihre Zusteller fürchteten, der Gastronomen, die mit Pleiten drohten, und des Einzelhandels, der um seine Flexibilität bangte. Riester scheiterte.
ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.
Die SPD-Sozialministerin Ulla Schmidt führte dann mit den Hartz-Gesetzen eine besonders großzügige 400-Euro-Grenze für MinijobberInnen ein, für die ab da nicht mal mehr eine Begrenzung der Wochenarbeitszeit galt. Genau hier könnte man mit einem ersten Rückbau ansetzen und eine solche Begrenzung auf 12 oder 15 Wochenstunden wieder einführen, um die geringfügigen Jobs einzuschränken.
Vielleicht aber setzen die Arbeitnehmerinnen künftig neue Impulse: Sie lehnen die Minijobs zunehmend ab, weil sie an ihre Zukunft als Selbstverdienerinnen denken. Wenn der Arbeitskräftemangel wächst, stehen die Zeichen dafür gar nicht so schlecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml