Kommentar Merkels Rekordschulden: Schäuble statt Zukunft
Schäubles Ernennung zum Finanzminister soll ein Zeichen der Verlässlichkeit sein. Doch die Koalitionsverhandlungen weisen eine andere Richtung: Schulden statt Zukunftsinvestitionen.
E in Name fiel selten anlässlich der Koalitionsverhandlungen: Angela Merkel. Mit öffentlichen Äußerungen hielt sich die Kanzlerin zurück. Die Schwindel-Idee, die Rekordschulden der zweiten Merkel-Regierung im letzten Haushalt ihrer ersten Legislatur zu verstecken, verkündeten andere. Aber hat nicht die Kanzlerin die Richtlinienkompetenz? Man muss eher sagen: die Schuldenkompetenz.
Der Schwindel-Haushalt ist an der Empörung der Öffentlichkeit gescheitert. Die Richtung aber bleibt. Die Kredite, die unnötigerweise für das Jahr 2010 aufgenommen werden, sind Merkels Schulden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise beweist zwar, dass Verschuldung manchmal geradezu notwendig ist. Überflüssig und gefährlich wird die Kreditaufnahme aber dann, wenn die Regierung damit nur hübsche Geschenke für ein paar Bevölkerungsgruppen bezahlt.
Beispiele sind das höhere Kindergeld, der generöse Kinderfreibetrag sowie die Erleichterungen bei der Erbschaft- und Unternehmensteuer. Das kostet sechs, acht oder auch mehr Milliarden Euro pro Jahr. Kann man machen - wenn man Geld hat. Anstatt Einnahmeverlusten braucht der Staat aber zusätzliche Mittel für die Bildung und das Sozialsystem. Beides unter einen Hut bringen kann die Kanzlerin nur mit neuen Schulden.
Schäuble als Finanzminister ist gedacht als Zeichen der Verlässlichkeit. Dem widerspricht jedoch die Botschaft der Koalitionsverhandlungen. Sie lautet: Schulden statt Zukunftsinvestitionen. So verantwortet Merkel den Verlust eines strategischen Vorteils, den die Union seit den 1970er-Jahren gegenüber der SPD aufgebaut hat. "Die CDU kann nicht mit Geld umgehen", wird es von nun an heißen. Merkel ist die neue Schulden-Kanzlerin. Buchhaltertricks und 80 Milliarden Euro Kredite für 2010 - das höchste Defizit aller Zeiten - markieren ihre Eröffnungsbilanz.
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