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Kommentar Merkels RekordschuldenSchäuble statt Zukunft

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Schäubles Ernennung zum Finanzminister soll ein Zeichen der Verlässlichkeit sein. Doch die Koalitionsverhandlungen weisen eine andere Richtung: Schulden statt Zukunftsinvestitionen.

E in Name fiel selten anlässlich der Koalitionsverhandlungen: Angela Merkel. Mit öffentlichen Äußerungen hielt sich die Kanzlerin zurück. Die Schwindel-Idee, die Rekordschulden der zweiten Merkel-Regierung im letzten Haushalt ihrer ersten Legislatur zu verstecken, verkündeten andere. Aber hat nicht die Kanzlerin die Richtlinienkompetenz? Man muss eher sagen: die Schuldenkompetenz.

Der Schwindel-Haushalt ist an der Empörung der Öffentlichkeit gescheitert. Die Richtung aber bleibt. Die Kredite, die unnötigerweise für das Jahr 2010 aufgenommen werden, sind Merkels Schulden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise beweist zwar, dass Verschuldung manchmal geradezu notwendig ist. Überflüssig und gefährlich wird die Kreditaufnahme aber dann, wenn die Regierung damit nur hübsche Geschenke für ein paar Bevölkerungsgruppen bezahlt.

Beispiele sind das höhere Kindergeld, der generöse Kinderfreibetrag sowie die Erleichterungen bei der Erbschaft- und Unternehmensteuer. Das kostet sechs, acht oder auch mehr Milliarden Euro pro Jahr. Kann man machen - wenn man Geld hat. Anstatt Einnahmeverlusten braucht der Staat aber zusätzliche Mittel für die Bildung und das Sozialsystem. Beides unter einen Hut bringen kann die Kanzlerin nur mit neuen Schulden.

Bild: taz

Hannes Koch ist taz-Autor.

Schäuble als Finanzminister ist gedacht als Zeichen der Verlässlichkeit. Dem widerspricht jedoch die Botschaft der Koalitionsverhandlungen. Sie lautet: Schulden statt Zukunftsinvestitionen. So verantwortet Merkel den Verlust eines strategischen Vorteils, den die Union seit den 1970er-Jahren gegenüber der SPD aufgebaut hat. "Die CDU kann nicht mit Geld umgehen", wird es von nun an heißen. Merkel ist die neue Schulden-Kanzlerin. Buchhaltertricks und 80 Milliarden Euro Kredite für 2010 - das höchste Defizit aller Zeiten - markieren ihre Eröffnungsbilanz.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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2 Kommentare

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  • AL
    Anna Luehse

    Guter Titel:

    "Der Schwindel-Haushalt ist an der Empörung der Öffentlichkeit gescheitert."

     

    "Schäuble statt Zukunft"

     

    Yep. Wenn das "rollende Unheil" als Finanzexperte so grandios scheitert wie als IM - prost Mahlzeit.

    F.A.Z. von gestern (FAS):

     

    "Vor einigen Monaten hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble während der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik 2008 gesagt, dass die Kriminalität zurückgegangen sei ... "

     

    Seit 1993:

     

    "Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen nahm bis 2007 um 72,3 Prozent zu, und die Fälle der Gewaltkriminalität stiegen seit 1993 um fast ein Drittel. ...

    Die Zahl der gefährlichen und der schweren Körperverletzungen auf Straßen, Wegen oder Plätzen stieg gegenüber 2007 um 9,1 Prozent auf fast 73 000 - im Jahr 2000 waren es knapp 45 000 Fälle.

    Das heißt, jeden Tag werden rund 200 Menschen im öffentlichen Raum Opfer von Schlägern, ohne leichte Körperverletzungen oder das Dunkelfeld zu berücksichtigen. ...

     

    Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, spricht von einer Verrohung eines Teils der Gesellschaft. Und diesem Teil sei es gelungen, den öffentlichen Raum zu beherrschen, indem er mit seinen Taten Furcht und Angst verbreitet. „Wir haben es dadurch mit einem kollektiven Freiheitsverlust zu tun.“ http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D4CFD/Doc~E749BA020133A499D904CF49F71A46304~ATpl~Ecommon~Scontent.html

     

    taz: "Schäuble statt Zukunft"

    Experte: "Kollektiver Freiheitsverlust" dank Schäuble.

    Dank auch an Zypries-Zensursulamerkel.

  • FB
    Florian Betz

    Sehr geehrter Herr Koch!

    Wenn sie die Erleichterungen bei der Erbschafts- und Unternehmenssteuer als hübsches Geschenk für ein bar Bevölkerungsgruppen bezeichnen kann ich das verstehen. Auch die erhöhung des Kinderfreibetrags ist kritisch zu betrachten, und kann einen wütend machen, weil davon vor allem die Reichen profitieren. Dass Sie aber das Kindergeld in diese Liste aufnehmen fordert meinen scharfen Widerspruch heraus. Kinder sind das Armutsrisiko nummer eins. Die Kindergelderhöhung ist anders als der Kinderfreibetrag eindlich mal ein tatsächlicher Beitrag um dem entgegen zu wirken weil jedes Kind davon profitiert und nicht nur die reichen. Wenn es daran etwas zu kritisieren gibt, dann dass die Kindergelderhöhung um ein vielfaches höher ausfallen sollte.

     

    Florian Betz - Student ohne Kinder