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Kommentar „Lohnuntergrenze“Nachhilfe für Dr. Rösler

Kommentar von Tom Strohschneider

FDP-Chef Rösler fragt, welche Vorteile ein Mindestlohn überhaupt bringen würde. Der Mann könnte sich sehr einfach mit einem Blick in die Arbeitsmarktstatistik helfen.

I m Koalitionsstreit über den Mindestlohn profitieren beide Seiten: Die CDU trägt mit der „Lohnuntergenze“ vor den Landtagswahlen soziale Schminke auf; und die FDP kann sich als marktliberales Bollwerk gegen staatlichen Dirigismus positionieren.

Nun will die FDP nicht einmal im Koalitionsausschuss über das Thema verhandeln. Schließlich habe man, sagt Parteichef Rösler, die höchste Beschäftigung und die niedrigste Erwerbslosenquote seit Jahrzehnten. „Welchen Vorteil“ da ein Mindestlohn, und sei es die Als-ob-Variante der Union, überhaupt haben soll, müsse man „erst mal zeigen und belegen“.

Dem Mann könnte geholfen werden, würde er es denn wirklich auf Nachhilfe anlegen. Belege? Auch wenn die neuesten Zahlen vom Arbeitsmarkt auf den ersten Blick Stabilität auf hohem Niveau verheißen, kann die Lage von Millionen Niedriglöhnern nur übersehen, wer nicht genauer hinschauen will. Zwar haben die sozialversicherungspflichtigen Jobs in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen – schneller noch aber wuchs die Zahl derer, denen ihr Einkommen kein Auskommen bietet.

Bild: privat
TOM STROHSCHNEIDER

ist Redakteur des taz-Meinungsressorts.

Über vier Millionen Menschen verdienen weniger als sieben Euro in der Stunde, fast anderthalb Millionen sogar weniger als fünf Euro, hat gerade das Institut Arbeit und Qualifikation vorgerechnet. Und am Mittwoch machten neue Zahlen die Runde, wie viele Beschäftigte im Dienstleistungssektor mit Sozialleistungen aufstocken müssen: allein im Reinigungsgewerbe ist das jeder Zehnte.

Wer da die Frage aufwirft, „welchen Vorteil“ eine Lohnuntergrenze haben soll, denkt nur an den eigenen: dass sich mit dem demonstrativen Nein zu jeder Lohnuntergrenze ein paar rettende Stimmen holen lassen. Wirksame Nachhilfe lässt sich diesem Liberalismus mit keiner Statistik erteilen – sondern nur an der Wahlurne.

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13 Kommentare

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  • H
    Hans

    @ Strohrum

     

    Der Artikel ist zwar, wie nahezu alle Artikel in der taz zum Thema "Wirtschaft", sehr niveaulos und leiert nur die üblichen linken, in der geistig eher schlichten taz-Leserschaft sehr beliebten Phrasen gelangweilt runter - "rassistische Hetze" kann man dem Autor aber meines Erachtens nun wirklich nicht unterstellen.

  • N
    Normalo

    Rösler fragt, was ein Mindestlohn bringen soll, und die taz antwortet mit Statistiken über den status quo, die wohl einem kategorischen Imperativ der ministeriellen Verordnung von Vollbeschäftigung zu Tariflöhnen - oder etwas Ähnlichem - das Wort reden sollen.

     

    Aber es reicht nicht, sich zu beschweren, dass ohne Mindestlohn - Überraschung! - Menschen mit Löhnen unterhalb der diversen geforderten Untergrenzen leben müssen. Natürlich fände auch ein Rösler es erstrebenswert, wenn Billiglöhne schlicht nicht nötig wären. Er ist ja nicht nur EXPORTwirtschaftsminister. Aber das ändert nichts daran, dass die deutsche Wirtschaft sowohl ihre Leistungsfähigkeit in absoluten Zahlen, wie auch die relative aktuelle Entwicklung einzig der Exportstärke verdankt. Und Exporteure müssen mit Anbietern konkurrieren, die nicht im Traum daran denken würden, ihren Beschäftigten das zu zahlen, was hierzulande gern als unwürdig dargestellt wird.

     

    Es ist auch schön und gut, mit der allmächtigen Binnennachfrage zu wedeln, aber die führt gerade in den unteren Einkommenssektoren vor allem dazu, dass mehr Elektronik aus Korea und mehr Kleidung und andere Gebrauchsartikel aus China gekauft werden - dortigen Billiglöhnen sei Dank. Das Geld, von dem Deutschland seinen hohen Lebensstandard finanziert, stammt nunmal nicht primär aus dem Binnenmarkt.

     

    Und zuletzt geht es bei den Billigjobs vielfach leider nach wie vor um Arbeitsstellen, die überhaupt nicht - oder nicht hierzulande - geschaffen worden wären, wenn sie nicht billig wären. Bei 7,50 oder gar 10 Euro Mindestsatz würde eben weniger geputzt, frisiert oder gekellnert. Ich weiß, das Argument ist alt, aber schlüssig widerlegt ist es nicht.

  • H
    Herrmann

    Ein sehr naiver Artikel im üblichen links-dummen Mainstream - es wird kein einziges Argument vorgebracht, ein paar Phrasen werden stumpfsinnig hereuntergeleiert. Den einzigen Nachweis, den der Autor geführt hat, ist der, dass er weder von Journalismus noch von Wirtschaft einen blassen Schimmer hat. Aber das gilt ja für die meisten taz-Redakteure.

  • G
    Garfield

    "...dass die taz ständig aufgrund seiner ausländischen Herkunft gegen Herrn Rösler hetzt..."

     

    You made my day! Wer Kritik an einem marktanarchistischen Politik- und Gesellschaftsverständnis als Hetze bezeichnet, diese auch noch auf die ethnische Herkunft des angesprochenen Politikers zurückführt und keinen der beiden Vorwürfe begründet, der ist wohl ein verzweifelter FDPler oder hat einige Becherchen Strohrum intus, lieber Strohrum!

  • TE
    Thomas Ebert

    Der nette Herr Dr.Rösler leidet an Ignorantitis! Das schnelle Daherlabern von alten, und falschen, Behauptungen über negative Beschäftigungseffekte eines Mindestlohnes ist ein eindeutiges Zeichen. Herr Dr. Phillip R. sollte mal untersuchen welche Berufsgruppen am meisten von Mindestlöhnen betroffen sind. Zu fast 100% stehen gerade diese nicht im internationalen Wettbewerb, sondern stehen unter der Knute der sozialdemokratisch/grünen Agenda 2010.

  • DB
    Daniel Bassermann

    Jeder Geringqualifizierte, der über zu wenig Lohn klagt und nachmittags vor dem Fernseher sitzt anstatt das Abendgymnasium zu besuchen, verdient nichteinmal Mitleid.

     

    Und wenn der gutverdiener Chirurg sich neben Schichtdienst und Verwaltungskram noch weiter qualifiziert, um Chefarzt zu werden, damit er das doppelt verdient, so muss seine Putzfrau noch lange nicht an dessen "Aufschwung" teilhaben und das doppelte verlangen.

  • B
    berndolius

    Der Rösler soll mal runter zu den arbeitenden Leuten kommen. Das ist jetzt ein plattes Statement, aber bei diesem Menschen fällt mir aber auch nix anderes mehr ein.

  • DB
    Dieter Bauß

    Das ist eine sehr mechanische und naive Ansicht, die der Autor her äußert. So einfach funktioniert das alles nicht. Man sehe sich nur bestehende Regelungen zum Schutz von Schwerbehinderten an. Die profitieren ja auch ungemein von den ganzen Schtzregelungen für sie.

  • W
    wauz

    Lohnuntergrenzen nützen nichts

     

    Schon über 200 Jahre geistert die Frage nach dem "gerechten Lohn" durch die Diskussion. Karl Marx und Friedrich Engels kamen schließlich zu der Formel: Existenzminimum + X . Wobei mit dem Existenzminimum die Erhaltung der erforderlichen Arbeitskraft und dem X ein sogenannter "moralischer Faktor" gemeint war. (Die Präzisierungen in der Werttheorie schenken wir uns mal an dieser Stelle).

    Die Frage nach dem moralischen Faktor bleibt erhalten und tobt sich gerade in der Hartz-IV-Diskussion aus.

    Schon die utopischen Sozialisten vor Marx (z.B. Brown in Schottland) machten ganz praktisch die Erfahrung, dass ihre so fein ersonnenen Lohngefüge nicht funktionierten.

    Sie können auch heute nicht funktionieren. Aus einem ganz einfachen Grund. In einer Marktwirtschaft mit sogenannter freier Preisbildung, faktisch aber vielen Anbietermärkten, werden die Preise letztendlich durch das verfügbare Geld bestimmt.

    Klartext: Kommt Mindestlohn oder Grundeinkommen, steigen Mieten, die Preise für Babywindeln oder ähnliche Waren aus lebenswichtigen Segmenten. Das geht fixer, als je ein Parlament gesetzlich nachregeln könnte.

    Deswegen müssen einige Grundbedürfnisse aus dem Marktgeschehen wenigstens teilweise herausgenommen werden. Die extremste Form davon war einmal die Lebensmittelrationierung, dann kam die Wohnraumbewirtschaftung und immer noch gibt es letzte Zuckungen davon bei sozialem Wohnungsbau. (Leider sind viele einst gemeinnützige Unternehmen nur noch gemein. Nur die Genossenschaften sind sozial geblieben.)

    Wenn der größte Teil des Wohnraums wieder in gesellschaftlichen Besitz kommt, wäre das ärgste Problem geregelt. Danach muss eine allgemeine Krankenversorgung kommen. Und zwar nicht mehr als Kollektivlohnsystem, wie derzeit noch, sondern durch Umlage des gesellschaftlichen Produkts (heißt: Steuern auf Unternehmensgewinne).

    Die Wiedereinführung des Sachleistungsprinzips würde auch die leidige Hartz-Diskussion geringer. Wenn wieder Anspruch auf einen Warenkorb besteht, braucht man sich um die finanzielle Höhe auch dann nicht zu streiten, wenn die Hilfe in Geldform ausgezahlt wird. (Was in einer Geldwirtschaft am praktikabelsten ist. Wir sollten nicht zu den Frumentationen zurückkehren wollen.)

  • W
    Workaholic

    Trotz seiner Suggestionen, der Autor bleibt die Antwort schuldig. Was ist denn besser?

     

    Die Loehne bleiben frei, und der Staat stockt bei Bedarf auf? Oder aber ein Mindestlohn, der über dem Marktminimum liegt, sorgt dafür, das ein Teil der Niedrigverdiener kuenftig etwas besser steht, der andere Teil aber mangels fortdauernder Beschäftigung aus dem Erwerbssysytem ausscheidet und komplett von der steuerzahlenden Allgemeinheit alimentiert wird? Es ist nicht unplausibel, dass Letzteres sowohl für die Allgemeiheit als auch vor allem für die Betroffenen schwerer wiegt.

     

    Ich hätte mich über ein paar Abwaegungen und v.m.a. Hochrechnungen zu dem Thema gefreut, und weniger Polemik.

  • S
    Strohrum

    Mal wieder einer der rassistischen taz-Artikel gegenüber Herren Rösler - ich halte ihn ja auch nicht für allzu kompetent, er wird eh bald durch Lindner abgelöst, aber dass die taz ständig aufgrund seiner ausländischen Herkunft gegen Herrn Rösler hetzt, finde ich doch sehr beschämend. Man sollte annehmen, gerade eine linke Zeitung hätte verstanden, dass Hass und Ausgrenzung aufgrund der Hautfarbe etwas Schreckliches sind. Hat die taz wohl noch nicht gerafft bzw. das lässt sie nur bei armen Ausländern (siehe den abstrusen Artikel zum Kosovo) gelten. Wenn ein Ausländer wie Herr Rösler erfolgreich ist, dann wird gehetzt. Die NPD lässt grüßen.

  • S
    SuperW

    Bleibt noch zu ergänzen, dass die Niedriglöhne auch ökonomisch völliger Schwachsinn sind. Nicht zuletzt deshalb dümpelt die Inlandskonjuktur sei Jahren vor sich hin. Die Leute haben einfach kein Geld in der Tasche. Ein Mindestlohn - und die Einschränkung von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverträgen - ist ein Konjunkturprogramm, dass den Steuerzahler nichts kostet. Und soll mir keiner erzählen, dass das die Unternehmen ruiniert, wo doch die DAX-Konzerne gerade Dividenden in Rekordhöhe ausschütten.

  • K
    KlausK

    Röslers Statements sprechen bestimmt auch vielen anderen Ignoranten aus der Seele.

     

    "Hausi machen, Philipp!"