Kommentar Linkspartei und Wirtschaftskrise: Recht haben reicht nicht

Die Linkspartei wird nicht von der Wirtschaftskrise profitieren. Denn es gibt nichts mehr zu verteilen. Künftig wird die Sicherheit im Vordergrund stehen.

Die Linkspartei, so glauben viele, müsste doch von der Wirtschaftskrise profitieren. In der Tat hat sich der Neoliberalismus vor der Wirklichkeit blamiert - und fast alle Prognosen von Gysi & Co, wohin der entfesselte Finanzkapitalismus führen wird, haben sich erfüllt. Eigentlich, scheint es, müssten Lafontaine & Co nur ruhig abwarten, bis die von den Heilsversprechen des globalen Kapitalismus kurierten Bürger scharenweise zu ihnen kommen. Aber so ist es nicht. Mit gutem Grund. Denn ob die Linkspartei Krise kann, ist noch offen. Manches spricht dagegen. Wenn Jobs gestrichen werden und sich Angst breitmacht, ist es den Wählern ziemlich egal, wer das Desaster frühzeitig hat kommen sehen und wer nicht. Recht gehabt zu haben ist in der Rezession keine harte Währung.

Der Aufstieg der Linkspartei im Westen vollzog sich nicht zufällig parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung. Er speiste sich nicht nur aus den Protesten gegen Hartz IV. Die Linkspartei wurde gewählt, weil viele das berechtigte Gefühl hatten, dass es etwas zu verteilen gibt - und der Durchschnittbürger dabei zu kurz kommt. Das Versprechen der Linkspartei war, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Damit hat sie - vom Mindestlohn bis zur Pendlerpauschale - erstaunliche Erfolge erzielt.

Damit wird es 2009 vorbei sein. Zu verteilen gibt es nichts mehr - und das Thema wird weniger Gerechtigkeit als vielmehr Sicherheit sein. Wenn die Linkspartei nur auf fundamentaloppositionelle Gesten setzt, kann sie ziemlich schnell im Abseits landen. Sie muss einen komplizierten Balanceakt vollführen, der zur neuen Stimmung passt.

Eine Kostprobe gab Oskar Lafontaine kürzlich im Bundestag, als er gleichzeitig das Rettungspaket der Regierung für die Banken lobte - und in gewohnter Manier gegen die große Koalition vom Leder zog. Die Linkspartei muss verantwortungsbewusst wirken, ohne sich anzupassen. Sie muss sozialpopulistisch und staatstragend zugleich wirken. Kein einfache Aufgabe.

Ein Nebeneffekt der globalen Krise könnte daher sein, dass sich die Linkspartei in Richtung Pragmatismus bewegt.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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