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Kommentar LeipzigAngst um den Vorgarten

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Dass es ausgerechnet den Spießern der „Heldenstadt“ am Mitgefühl für Notleidende gebricht, ist peinlich. Die Leipziger brauchen Nachhilfe in Bürgersinn.

L eipzigs Bürger treibt es wieder einmal auf die Straße. Das, wir wissen es seit dem Herbst 1989, tun sie dann, wenn der politische Druck auf sie so groß geworden ist, dass nur noch Gegendruck hilft. Im Sommer 2012 nun richtet sich ihr Protest nicht mehr gegen Überwachung und geschlossene Grenzen. Sondern gegen eben jene, die vor Diktatur und Willkür, vor Spitzelei und geistiger Unfreiheit flüchten mussten: gegen die Asylbewerber, die in Leipzig leben.

Die Stadt hat beschlossen, ihre Asylbewerber – mithin Bewohner, Mitbürger der Kommune – vom Stadtrand in die Mitte der Gemeinschaft zu bringen. Raus aus der maroden Massenverwahrung – rein in sieben kleinere Unterkünfte. Nun aber protestieren die Bürger. Sie organisieren Anwohnerdemonstrationen und unzählige Versammlungen.

Von „Lebensqualität“ reden diese Leute, von „gewachsenen Gemeinschaften“, auch vom „Wertverlust“ ihrer Häuser und Grundstücke. Diese Rhetorik ist nichts anderes als das Wortbesteck des Alltagsrassisten, des Besitzstandswahrers aus der Mittelschicht. Und diese Manifestationen des Bürgerwillens sind umso aggressiver, je besser die Wohnlage ist. Hier spricht nicht der rechte Jogginghosenträger mit Bierpulle. Nein, es ist der gesamtdeutsche Kleinbürger mit gutem Salär, der allen Ernstes Angst um seinen Vorgarten und die Unschuld seiner Töchter hat.

Bild: taz
Anja Maier

ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.

Es ist nichts Neues, dass Bürgerinnen und Bürger meinen, mit der Unterschrift unter ihrer Steuerklärung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht so weit Genüge getan zu haben, um auch aller bürgerlichen Rechte sicher sein zu können. Zwei Fernreisen pro Jahr, eine durchsanierte Kommune, ein bequemes Häuschen in guter Wohnlage, bitte keine wie auch immer geartete Störung der Idylle – dies sind die Merkmale des deutschen Spießers.

Dass es ausgerechnet den Spießern der „Heldenstadt“ am Mitgefühl für Notleidende gebricht, ist peinlich. Die, die da aus miesen Wohnverhältnissen in die 520.000-Einwohner-Stadt integriert werden sollen, sind auch jene, die im Iran, im Sudan ihr Leben riskiert haben. In Ländern also, in denen Bürgerrechte, für die die Leipziger einst auf die Straße gegangen sind, noch erkämpft werden müssen.

Es ist zu hoffen, dass die Stadtoberen nicht den bewegten Kleinbürgern nachgeben. Ihre Leipziger brauchen ganz offensichtlich Nachhilfe in Bürgersinn.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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37 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • W
    Wertkonservativliberaler

    @ viccy: Ihr Zitat: "Von 100 Asylanträgen werden in Deutschland 98 bis 99 % abgelehnt."

     

    Nun ja, man muss allerdings auch dazu sagen, dass ca. die Hälfte aller abgelehnten Asylbewerber von Deutschland trotz abgelehnter Asylanträge dennoch nicht abgeschoben, sondern weiterhin geduldet wird.

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Abschiebung_%28Recht%29

  • VJ
    @von Jan

    Danke an "von Jan" (und andere) für die Detail-Infos, die in den reißerischen Artikeln zum Thema unterschlagen wurden. Als ich zuerst im "Spiegel" davon gelesen hatte, dachte ich auch "oh Mann typische Spießer, "bräunliche" usw.". Insbesondere im "links-liberalen" Journalistenmilieu, scheint es so eine Art Pawlowschen-Reflex zu geben, der dazu führt, dass sobald von Asylanten, Deutschen sog. "Kleinbürgern", die Rede ist, erst mal grundsätzlich braunes Gedankengut gewittert wird und daher auf gründliche Recherche der Hintergründe verzichtet. Dies ist besonders fragwürdig wenn die Ankläger selbst, die von ihnen propagierten Lebensumstände meiden aber von anderen einfordern ("Seid nicht so feige Leute,...laßt mich hintern Baum")

  • L
    Lumière

    Die Schöpferin dieses kreativen Artikels könnte ja mal den Schneid haben zu ihrem Machwerk zu stehen oder eher ihr fragwürdiges Gewerk zurechtrücken und mit Fakten statt mit Polemik und Erdachtem zu unterfüttern

  • V
    viccy

    @ Burkhard

    Ihr Kommentar ist leider kein Stück differenzierter als der Artikel selbst. Ein kleiner Fakt für Sie: Von 100 Asylanträgen werden in Deutschland 98 bis 99 % abgelehnt. Das ist seit Jahren so. Leider muss man es immer wieder aufs Neue sagen. Im Übrigen ist die Bezeichnung von Menschen als "Fremdkörper" ziemlich unter aller Sau, um das mal ganz deutlich zu sagen.

     

    @ Wertkonservativliberaler

    Danke für diesen ausführlichen und inhaltsreichen Kommentar. Schade, dass Frau Maier ihn vermutlich allenfalls flüchtig zur Kenntnis nehmen, aber kaum wirklich reflektieren wird.

  • F
    Falmine

    In einem ersten Reflex wollte ich Anja Maier, deren Kolumnen ich ansonsten sehr schätze, Recht geben. Dann jedoch las ich den Kommentar von JAN heute um 14.18 Uhr. Der hat mich richtig fuchtig auf die Verwaltung gemacht, die mal wieder die billige 08/15-Lösung anstrebt.

    Richtig super wäre es ja, wenn die "Helden" aus den Stadtteilen der Gutsituierten sich dafür stark machten, dass die Asylbewerber wirklich DEZENTRAL untergebracht werden - auch in ihren Stadtteilen. Also kleinere Familienverbände wirklich über die Stadt verteilt.

    Wir haben damit in unserer Stadt die allerbesten Erfahrungen gemacht. Sammelunterkünfte für Asylbewerber sind eigentlich immer eine Kapitulation der Stadtverwaltung und keine Problemlösung!

    Da müssen ALLE demokratischen Parteien, nicht nur SPD, Grüne und Die Linke, wohl gemeinsam die Stadtverwaltung auf den Pfad der tugend führen!

  • H
    Hans

    Ein wohlhabende Rechtsextreme wie Frau Maier verkleidet sich als linke Intellektuelle (was dann offensichtlich nicht so richtig geklappt hat) und beschimpft in trauriger Naivität die Bürger der Ex-DDR und die Demokratie als solche - was soll man zu so einem traurigen Machwerk noch sagen?

  • P
    Phantom

    @hoelz

     

    "wenn der gemeine Wessi die Mär vom "Kampf um die Bürgerrechte 1989/90" glaubt, so kann ich das ja noch nachvollziehen

    man hat es ihm halt nicht anders erzählt..."

     

    Das müssen Sie mir, einem Leipziger, der damals dabei war, erklären, wie Sie als Karl-Marx-Städter über die damalige Situation in Leipzig urteilen können. was hat man Ihnen denn "erzählt"?

  • H
    Hernsr

    ??? - was ist das denn? Selten einen so dummen Artikel gelesen, peinlich, rückständig, da verfasst ja "Linksruck" durchdachtere Artikel. Desaströs - außerdem ist mir unbegreiflich, dass die taz mit "Anja Maier" eine offensichtliche Rechtsextreme beschäftigt. DSer guten Frau quillit die Angst vor allem Unbekannten und Fremden ja aus jeder Pore. Eklig, ich hätte nicht gedacht, dass die taz sich mal zu einem solchen kleinbürgerlichen Faschisten-Blatt entwickeln würde. Zum Glück zahleich für dieses faschistische, peinliche Geschreibsel kein Geld. Echt affig!

  • H
    Helga

    Weltklasse, dieser Artikel - und ich dachte ernsthaft, der Artikel gestern (Bartsch oder so) sei ein Meilenstein des Nazi-Keule-Schwingens gewesen - aber nein, die taz kann das noch viel besser! Köstlich, dieser Artikel ist ja noch witziger als der von gestern, bessere Satire habe ich ja echt seit Jahren nicht mehr gelesen! Bitte mehr davon, ich freue mich schon auf den Leipziger Rassismus-Artikel morgen in der taz - das ist ja echt eine richtige Gaudi hier! Zum Kringeln!

  • HM
    hans maiser

    Bitte mal durchpusten:

    Seit wann DIE LEIPZIGER?

    Gibt es Massendemonstrationen von mehreren Hundertausend Einwohner?

    Oder beschweren sich wenige aus einem StadtTeil, dessen Betroffenheit ich nicht überblicken kann?

    Möglicherweise - einige Kommentare deuten das ja auch an - wird hier auch im Interesse der Asylbewerber demonstriert, sicher aber gegen eine 'VON OBEN'-Politik der Stadtverwaltung.

    Aus welcher Position heraus polemisieren Sie, geht es nun auch der taz nur um knallige Überschriften?

    o. G.

    Hans M.

  • W
    Wertkonservativliberaler

    Nur zu zwei Punkten aus dem Artikel möchte ich gerne etwas sagen:

     

    1.) Zitat: "Die Stadt hat beschlossen, ihre Asylbewerber – mithin Bewohner, Mitbürger der Kommune – vom Stadtrand in die Mitte der Gemeinschaft zu bringen." - Das ist so schlicht falsch. Asyl"bewerber" sind, wie der Name schon sagt, Menschen, die Asyl beantragt haben, sich "bewerben"; über ihr Aufenthaltsrecht ist noch nicht entschieden. Sie sind daher auch (noch) keine Mit"bürger" mit entsprechenden Bürgerrechten. Wenn es anders wäre, könnte man sich das Procedere des "Asylverfahrens" auch gleich ganz sparen - und mir ist klar, das der klassische Linke das gerne so hätte (Spruch: "Kein Mensch ist illegal"), die Frage wäre halt nur, ob dies ein Land wie Deutschland mit seinem Konzept der Sozialsysteme auf Dauer aushalten würde, Zufluchtsort aller derjenigen zu sein, die es gerade wünschen.

     

    2.) Zitat: "Zwei Fernreisen pro Jahr, eine durchsanierte Kommune, ein bequemes Häuschen in guter Wohnlage, bitte keine wie auch immer geartete Störung der Idylle – dies sind die Merkmale des deutschen Spießers." - Ich weiß nicht, ob dies die Selbstcharakteristik einer an den Rand der Hauptstadt gezogenen taz-Redakteurin oder eines typischen Vertreters der grün oder links wählenden BAT- und Bionade-Bohéme ist; meine Lebenswirklichkeit freilich sieht anders aus. Ich bin z. Zt. als promovierter Volljurist arbeitslos, suche einen Job, wohne in einem Ballungsgebiet in einer viel zu teuren 1-Zimmer-Wohnung und lebe vom Ersparten, ohne Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen; in meiner unmittelbaren Nachbarschaft gibt es städtische Mietshäuser "sozialen Wohnungsbaus" mit einer relativ verwahrlosten und gleichgültigen Klientel migrantischer Hartz-IV-Bezieher; dies wäre einigermaßen auszuhalten, wenn nicht etlichen von diesen Leuten soziale Regeln des Miteinanders egal wären; Müll aus dem Fenster zu werfen, ist für Nachbarn wie mich mittelfristig eine unangenehm Angewohnheit dieser Leute. Ich habe genug eigene Sorgen und möchte nicht als unentgeltlicher Sozialpädagoge und Konfliktlöser herhalten müssen. Bin ich deswegen ein Spießer? Ich weiß nicht, jedenfalls unternehme ich keine Fernreisen, habe kein Häuschen und wohne auch nicht in einer Idylle. Wenn ich es mir leisten könnten, würde ich aber gerne in eine Idylle ziehen. Wollte mir Frau Maier dies verbieten, mein Streben nach Glück und "spießiger" Idylle? Mit welchem Recht?

  • B
    Burkhard

    Deutschland hat in den letzten Jahren mehr Asylanten aufgenommen als jedes andere Land auch. Es gibt Grenzen der Zumutbarkeit. Man kan einem autochthonen Volk nicht zumuten, dass es über die Maßen hinweg toleriert, das kulturfremde Fremdkörper, die sich nicht anpassen wollen und können, in direkter Nachbarschaft angesiedelt werden.

    Zumal mit dieser Ansiedlung eine Zunahme an Müll, Agressivität und an Kriminalität einhergeht.

    Was passiert, wenn man diesen Asylanten nicht mehr das Geld zahlen kann, was sie erwarten? Wie wird sich ihre Agression entladen?

    Auch für Leipziger Bürger ist diese Grenze nun überschritten.

  • S
    Stev

    Fremdenfeindlichkeit kann man ganz konkret bei Frau Maier lokalisieren. "Spießer, Kleinbürger, Alltagsrassisten" - ihre pauschalisierende Beschimpfung von Leuten, die ihr fremd sind, in einem Artikel über einen Vorgang, dessen Hintergründe ihr offensichtlich ebenso fremd sind. Die Fremdenfeindlichkeit des Öko-Bürgertums ist die Ostdeutschen-Feindlichkeit. Nur mit dem Unterschied, daß der opportun ist in den Medien.

     

    Zum Arikelinhalt:

    "Die Stadt hat beschlossen, ihre Asylbewerber – mithin Bewohner, Mitbürger der Kommune – vom Stadtrand in die Mitte der Gemeinschaft zu bringen. Raus aus der maroden Massenverwahrung – rein in sieben kleinere Unterkünfte."

    Richtig ist vielmehr: Die Fläche, auf welchem bisher die Sammelunterkunft für jene der Kommune zugewiesenen Asylbewerber (deren Antrag auf Asyl geprüft wird) steht, soll an einen Investor vergeben werden. Aus diesem Grund werden neue Standorte gesucht, von denen sich die meisten vorgesehenen noch weiter am Rande der Kommune befinden als der bisherige (soviel zum Thema "in die Mitte der Gemeinschaft"). Auf zumindest einen trifft die Bezeichnung Massenunterkunft weiterhin zu. Die Standortbestimmung geschah adminsitrativ (autoritär) von oben herab, ohne irgendeine Bürgerbeteiligung. In einem Fall wußten die Mieter eines vorgesehenen Hauses erst über Umwege, daß ihr Haus zur Unterbringung vorgesehen war. Die Standorte wie immer in meist sozial schwachen Gebieten (wegen geringer Kosten für die Immobilien zur Unterbringung, in den "besseren" Gegenden war angeblich nichts zu finden). Bei so einer Vorgehensweise sind Proteste absehbar, nicht nur in Leipzig. Das von oben herab polemisieren von Frau Maier ist hier völlig fehl am Platz und zeigt nur grobe Sachunkenntnis.

  • A
    artemidor

    Es ist schade, daß hier die taz ihr Selbstverständnis auf dem Altar der politischen Ansichten opfert. So oft war die Taz an vorderster Front, wenn der Bürger gegen den Obrigkeitsstaat auftrat. Und jetzt wünscht man sich diesen Obrigkeitsstaat herbei, weil er scheinbar auf der gleichen politischen Linie liegt? Ist also der Staat auch für die Taz nur der willige Knüppel, der die Andersdenkenden unterjochen soll? (Die Politiker rechnen ja gerade auf Euch!)

     

    Schade...

  • T
    Trotz

    Selten so ein schlecht recherchierten und polemischen Artikel gelesen. Aber was will man von einer Möchtegernjournalistin die selbst in bester Lage wohnt (Spießer?) auch erwarten.

  • H
    hoelz

    kann mich da Robert und Paul nur anschliessen

     

    tja Frau Maier, ich dachte ja, Sie wären auch aus dem Osten...

     

    wenn der gemeine Wessi die Mär vom "Kampf um die Bürgerrechte 1989/90" glaubt, so kann ich das ja noch nachvollziehen

    man hat es ihm halt nicht anders erzählt

    aber Sie müssten es doch eigentlich besser wissen

     

    muss man als deutscher Journalist eigentlich zwingend an dieser Geschichtsverklärung mitwirken?

     

    oder ist es bei Ihnen schlicht die Gnade der späten Geburt?

     

    Grüße aus Karl-Marx-Stadt... ;-;

  • K
    Kleingärtner

    Apropos Grundrechte...

     

    Wo eigentlich steht im Grundgesetz,

    dass die LeipzigerInnen alle

    Angehörigen von islamischen, negroiden

    oder asiatischen Herdenvölkern

    ganz, ganz doll liebhaben müssen?

     

    Ich mein ja bloß...

  • J
    Jan

    Liebe Frau Maier,

     

    ich bin selbst Leipziger und direkt von einer der geplanten Asylbewerber-Unterkunft betroffen.

     

    Leider ist ihr Kommentar nicht sauber recherchiert. Sie schreiben: "Raus aus der maroden Massenverwahrung – rein in sieben kleinere Unterkünfte."

     

    Dabei möchte ich anmerken, dass in der derzeitigen 'maroden Massenverwahrung' in der Torgauer Straße 240 Asylbewerber untergebracht sind. Eine neue, der von Ihnen kleineren sieben Unterkünfte ist im Leipziger Westen, im Stadtteil Grünau, geplant. Dort sollen nach dem Willen der Stadt 180 bis 250 Asylbewerber untergebracht werden. Wirklich kleiner ist das nicht, wenn man einfach noch zehn Leute draufpackt. Wirklich besser auch nicht.

     

    Zu Ihrem persönlichen Erkenntnisgewinn möchte ich gern noch weiter beitragen:

     

    Der besagte Stadtteil Grünau ist um es einfach auf den Punkt zu bringen, das Marzahn von Leipzig - ein großes Plattenbauviertel am Rande der Stadt mit all seinen Problemen die eben in einem solchen sozialen Brennpunkt vorkommen (hoher Hartz-IV-Anteil, hohe Jugendarbeitslosigkeit, Trinker und ab und kommt es zu weniger freundlichen "Begegnungen" zwischen linken und rechten Chaoten).

     

    Hinzu kommt, dass in dem Stadtteil Grünau bereits schon ein Asylbewerberheim mit 220 Leuten steht. Die Stadt Leipzig nimmt somit billigend in Kauf, in einen problematischen Stadtteil insgesamt fast 500 Asylbewerber unterzubringen.

     

    Finden Sie dieses Konzept immer noch dezentral?

     

    Zwei Fernreisen pro Jahr, eine durchsanierte Kommune, ein bequemes Häuschen in guter Wohnlage werden Sie in Leipzig-Grünau übrigens definitiv nicht finden. Auch werden die neuen 180 bis 250 Asylbewerber in Leipzig-Grünau nicht dezentral auf den Stadtteil verteilt, nein man sammelt sie in einem ehemaligen Wohnheim, welches zu DDR-Zeiten als Internat genutzt wurde. In dem Wohnheim gibt es auch keine Wohnungen, sondern Zimmer mit zum Teil Gemeinschaftssanitäranlagen.

     

    Und, um Sie nun ganz auf den aktuellsten Stand zu bringen: Jetzt haben drei Parteien in Leipzig (SPD, Linke und Grüne) einen Änderungsantrag eingereicht, indem die Zahl der zusätzlichen Asylbewerber im Plattenbauviertel Grünau von 180-250 auf 50 heruntergefahren werden soll. Zudem soll die Unterkunft für die zusätzlichen Asylbewerber bis Ende 2014 befristet sein.

     

    Damit bin ich und mit mir viele Grünauer grundsätzlich einverstanden - allerdings hat die Sache auch weiterhin einen kleinen Haken: Die Stadt beharrt auf der Unterbringung in dem großen Wohnheim, welches eigentlich für bis zu 300 Personen ausgelegt ist und unternimmt keine größeren Anstrengungen, nach wirklichen Alternativen zu suchen in dem man dauerhaft 50 Plätze suchen könnte.

     

    Uns in Leipzig-Grünau treibt nicht die Sorge nach 50 weiteren Asylbewerbern um! Uns geht es auch nicht um Idylle und einen sauberen Vorgarten! Über einen Wertverlust müsen wir uns auch keine Sorgen machen - viele Menschen leben zur Miete in Genossenschaftswohnungen!

     

    Wir haben aber die große und berechtigte Angst, dass eine solche kleine Auslastung in einem solch großen Heim Begehrlichkeiten in der Stadt und bei der Verwaltung weckt und über die Hintertür doch 180-250 zusätzliche Plätze für Asylbewerber eingerichtet werden.

     

    Wohlgemerkt in einem Stadtteil, indem schon 220 Asylbewerber in einer Sammelunterkunft wohnen!

     

    Schade, dass Sie in Ihrem Kommentar leider nur die Klischees vom Ausländerfeind und Spießer bedienen. Vielleicht konnte ich beitragen, die Debatte auch bei der taz mit ein paar Grautönen zu sehen - schwarz/weiß gibt es nämlich nirgens.

  • W
    Wombat

    Wie gut, wenngeleich nicht reibungslos, die Integration von Asylsuchenden in städtischen Wohngebieten funktionieren kann, zeigt das beispiel aus Cottbus, wo man bereits um 2001 herum diese Praxis etabliert hat. Folgender Link enthält ein erstes Resumee: http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/wp-content/uploads/2009/10/2002_06_00_SP_UB_M_Doku_dezentrale_Unterbringung_Cottbus.pdf

  • H
    hanseat

    Schade ist, dass die Autorin die Leipziger BürgerInnen nur wieder in eine Schublade zwängt, ohne dass auf die diffusen und vielleicht auch unbegründeten Ängste und Vorbehalte eingegangen wird. Dieser Artikel fördert eher die Spaltung als die offene Diskussion.

     

    Im übrigen: Sind wir nich alle Spießer?

     

    Möchte die Autorin vor Ihrem Fenster einen Windpark haben?

    Möchte Sie Ihre Kinder auf eine Brennpunktschule schicken (müssen)?

    Möchte Sie in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft einen Fixpunkt für Drogenabhängige haben?

     

    Würde Sie diese Dinge auch -gleichgültig- hinnehmen? Oder gibt es Vorbehalte vor ökologischem Strom, Problemkindern oder Drogenkonsumenten?

  • A
    Anna

    Peinlicherweise beruft sich ja der "wütende Mob", der hier so eifrig gegen die dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden protestiert, auch regelmäßig auf 1989. Wie dieser Widerspruch in den bürgerlichen Köpfen zusammenpasst, weiß ich nicht. Statt Solidarität aus dem selbst Erlebten zu entwickeln, scheint es hier ein großes Bedürfnis zu geben, sich wieder als Opfer darzustellen.

  • R
    Robert

    Der Durchschnittsossi wollte 1989 an die Westmark und an die Reisefreiheit und hat zuallererst den Konsum im Sinn. Das ist die unangenehme Wahrheit. "Helmut Kohl, nimm uns an die Hand, führ uns ins Wirtschaftswunderland!" Schon vergessen? Es ging um die westlichen Fleischtöpfe.

     

    Die Bürgerrechtler inklusive der Reformer in der SED waren in der absoluten Minderheit. Folglich fanden sie sich spätestens im Frühjahr 1990 marginalisiert. Das ist die geschichtliche Tatsache. Eigentlich aber ist es doch nur noch langweilig.

     

    Wozu ist diese Verklärung der deutschen Tatsachen von 89/90 gut? Was soll damit bezweckt werden?

     

    Interessant wird es werden, wenn diese Fleischtöpfe, wie zu erwarten und z.T. schon geschehen, kleiner bzw. für immer weniger Menschen zugänglich sein werden. Ich habe da so Ahnungen. So ein bißchen Fußball wird da zur Ablenkung nicht mehr ausreichen.

  • A
    Anna

    Peinlicherweise beruft sich ja der wütende BürgerInnenmob, der so eifrig gegen die dezentrale Unterbringung der Asylsuchenden protestiert, gerne auf 1989. Ich weiß nicht, wie dieser Widerspruch in den Leipziger Vorstadtköpfen zusammenpasst. Statt Solidarität aus dem selbst erlebten zu entwickeln, scheint es hier ein großes Bedürfnis zu geben, selbst wieder als Opfer dazustehen.

  • TH
    Tina Hesse- Jones

    Wenn ich nur als Deutsche in Leipzig gern gesehen bin und dort mein Geld ausgeben darf, dann fahre ich da nicht mehr hin.

    Bitte nachmachen. Vielleicht denken dann die "Leipziger Helden" wieder (nach).

  • AT
    abby thur

    Wie Recht Sie haben, Frau Maier...

  • RV
    Rainer Vogel

    Lapsus oder falsche Denke, Frau Meier?

    Alle bürgerlichen Rechte hat man von Geburt an oder durch Einbürgerung in diesen Staat.

    Auch ohne Steuererklärung.

    Den deutschen Spießer kennzeichnet, dass er

    zahlreiche weitere 'Gewohnheitsrechte' auf Verfassungsrang erheben will.

  • R
    roland

    hallo frau maier und gut ausgeschlafen?

     

    naja "Heldenstadt"

    wenn sie den artikel so schreiben, da müssen sie noch mehr bringen!

    so haben sie vergessen, daß bereits während der demos(vor über 20 jahren) um den Ring die Republikaner voran mitmarschierten und viele menschen hinterher!

    oder , es kam am anfang der 90 er jahre zu versuchen(zum Beispiel in leipzig grünau)Wohnheime der asylanten zu stürmen !

    keine einzelfälle!

    und die Rechten konnten sich austoben!

     

    und heute ?

     

    nicht jeder kann sich 2x mal urlaub leisten!

    wir sind ein arme stadt!

     

    und vergessen sie nicht unsere medien und poltiker,

    die geben noch den Rest dazu!

     

    "Die Asylsuchenden" können sich "freuen" :

    die stadt CDU will einen polizeichef als OBM-Kanditat ins spiel bringen!

    gute nacht!

  • FE
    Frau Edith Müller

    Man, Frau Maier, Sie sind doch auch an den Stadtrand Berlins gezogen- aber klar, nur wegen der frischen Luft...ha,ha, ha, die Ausreden kennen wir zu Genüge. In welche Schule gehen Ihre Töchter? Wie hoch ist dort der Ausländeranteil? Eben!

    Ziehen Sie mit Ihren Kindern in den Wedding, nach Neukölln, mit entsprechend angegeliederter Schule und dann, aber erst dann haben Sie das Recht, die Leipziger als Spießer oder weiß ich was zu bezeichnen. Der Spießer sind Sie. Und wollte der Mitbegründer der taz ...Max weiß ich wie Nachname...nicht auch eine Privatschule in Kreuzberg gründen, weil der Türkenanteil an Kreuzbergs Schulen für seine Kleinen zu hoch ist??? Ja, er wollte. Man, was seid ihr Linken mies. Badet euren Multikultitraum selber aus.

    S

  • R
    Ramona

    "Es ist zu hoffen, dass die Stadtoberen nicht den bewegten Kleinbürgern nachgeben. Ihre Leipziger brauchen ganz offensichtlich Nachhilfe in Bürgersinn."

     

    Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!

    Und, Genossen, es bleibe dabei;

    Denn wer kämpft für das Recht,

    Der hat immer recht.

     

    Ich hoffe das sich die Bürger durchsetzen werden. Vielleicht könnte man das Thema auch demokratisch per Volksendscheid lösen. Einfach Zettel mit: Wollen sie die kriminellen Flüchtlinge? Ja oder Nein

     

    Einfach geht's nicht!

  • F
    Fragensteller

    Autorin übersieht, daß die Leipziger Ihre Bürgerrechte sehr wohl in Leipzig erkämpft haben und nicht im Asyl im Schlaraffenland. Mir will nicht einleuchten, warum ein rein politisch motiviertes Asyl ausgerechnet im 5000km entfernten Deutschland, Frankreich oder Italien beantragt werden muss, und nicht im ersten halbwegs sicheren Nachbarstaat. Scheinargumente...

  • KS
    Katja S.

    Ich bin entsetzt darüber, wie mit unseren Mitmenschen umgegangen wird. Ja, auch Asylbewerber sind Mitmenschen. Wie kann ich denn jemanden so verachten, den ich nicht einmal kenne?

    Die Ostdeutschen haben so lange um ihre Freiheit gekämpft, viele sind geflohen und wurden in Westdeutschland aufgenommen. Und jetzt schieben sie Menschen ab, denen es ähnlich ergeht? Das ist unfassbar.

    Asylbewerber "aufzunehmen" heißt nicht, Kriminelle frei herumlaufen zu lassen. Es heißt, neue Menschen kennenzulernen, Vertrauen zu zeigen, selbst neues Vertrauen entgegengebracht zu bekommen, neue Kulturen kennenzulernen aber in erster Linie den Menschen eine neue Chance auf ein neues Leben zu gewähren. Wir können von ihnen lernen und sie können von uns lernen.

    Ich bin wahnsinnig traurig über das, was da in Leipzig gerade geschieht und hoffe, die Bürger dort werden irgendwann begreifen, was sie tun.

  • V
    vic

    Klasse Artikel, der die Dinge beim Namen nennt.

    Bravo, Anja Maier.

  • P
    Paul

    "In Ländern also, in denen Bürgerrechte, für die die Leipziger einst auf die Straße gegangen sind, noch erkämpft werden müssen."

     

    Sind Sie wirklich sicher, daß der durchschnittliche DDR-Bürger und natürlich die durchschnittliche DDR-Bürgerin im Herbst 1989 zuallererst für die Bürgerrechte auf die Straße gegangen sind? Also ich habe da gesicherte andere Erkenntnisse.

  • M
    Michel

    >>"Es ist zu hoffen, dass die Stadtoberen nicht den bewegten Kleinbürgern nachgeben."

  • T
    Tatjana

    Soso, da rottet sich mal das Wutbürgertum zusammen um gegen ein Vorhaben der Obrigkeit zu protestieren. Wie könne sie es nur wagen?

     

    Demokratie, auch die gerne zur Zeit gehypte direkte oder liquid Demokratie, ist nur der Prozess der politischen Willensbildung -- im Guten wie im Bösen. Entweder man nimmt die Leute in ihren Sorgen ernst oder es wird sich langfristig übel auswirken. Auch wenn es vielen nicht gefallen mag: Quantität und Art der aufzunehmenden Asylbewerber unterliegen dem gesellschaftlichen Konsens und der Bürgerbeteiligung der Leipziger. Wenn die Leute nicht wollen und dann (ausgerechnet von meiner TAZ) als kleinbürgerliche Spießer verschrien werden und jetzt dann der Ruf nach starker Führung über die Köpfe der Bürger hinweg ertönt, dann läuft im Diskursverständnis einiges schief. Überhaupt das Geschreibe von nötiger Nachhilfe für die dummen, unaufgeklärten Leiziger ist ist nicht besser als deren Phobien.

     

    Demokratie auch und gerade Bürgerbeteiligung muss auch dann respektiert werden, wenn es einem nicht in die Tüte passt, leider. Immerhin gibts noch keine Mobi für einen Volksentscheid ala "Unsere Straße, unser Block, unser Kiez -- nicht der der Asylanten". Amüsant (und bitter) ist der Vergleich zwischen Bärliner Gentrifizierungsgegnern und sonstigen Schaben, äh Schwabenhassern und den Asylantengegnern.

  • TJ
    Tom Jones

    sind auch jene, die im Iran, im Sudan ihr Leben riskiert haben. In Ländern also, in denen Bürgerrechte, für die die Leipziger einst auf die Straße gegangen sind, noch erkämpft werden müssen

     

     

    Ja, die Leipziger sind in Leipzig auf die Strasse gegangen.

  • SS
    Steffen Skalé

    Als ich den Artikel las, kamen mir spontan zwei Dinge in den Sinn:

     

    Erstens:

    Diese Art der Polemik ist (immer wieder) gewöhnungsbedürftig auch wenn sie im Kern ganz gewiss nicht falsch liegt.

     

    Zweitens:

    Es ist ein Unding, dass ausgerechnet in der Stadt, die auch ein Synonym für Freiheitsbewegungen ist, übrigens nicht nur wg. 1989, sondern auch "wg." z.B. 1813, Menschen sich formieren, um anderen Menschen vorzuschreiben, wo sie "leben" soll(t)en.

     

    Es ist von daher nur befremdlich und beschämend, dass dies so "ist". Absurd, um genau zu sein. Leider erinnert mich dies (auch) an einen Salon-Rassisten, dessen dumpfe Rhetorik hier vor nicht allzu langer Zeit auf sehr fruchtbaren Boden fiel. Dass dieser eben auch in Leipzig vorhanden ist und etwas auf ihm gedeihen kann, ist (leider) auch ostdeutsche Realität.

     

    Man wird nicht umhin kommen, den Dialog zu suchen und zu vermitteln, dass die Sichtweise der Leipziger, die so "denken", mehr als hinterfragt werden sollte: Denn diese irren - unzwar gewaltig. Die Idee der "Umsiedlung" ist konseqent und spiegelt das wider, was längst notwendig ist: Realität(en) des Miteinander.