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Kommentar Landtagswahl an der SaarLetzte Chance für SPD

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Die Landtagswahlen im Saarland werden spannend. Erstmals nach 18 Jahren könnte die SPD im Westen einen CDU-Ministerpräsidenten verjagen - mit einer rot-rot-grünen Koalition.

D as Saarland hat gerade einmal eine Million Einwohner. Und dennoch werden die Landtagswahlen, die in einer Woche dort abgehalten werden, spannender als die Bundestagswahlen vier Wochen später sein. Nach den neuesten Umfragen ist die Saarwahl völlig offen. Es gibt weder eine klare Mehrheit für Schwarz-Gelb noch für Rot-Rot-Grün. Aber: Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dort ein Linksbündnis die CDU aus der Regierung vertreiben könnte. Es wäre die erste rot-rot-grüne Landesregierung im Westen.

Sollte es eine Mehrheit für ein Linksbündnis geben, steht eines schon fest: Die Bundes-CDU wird sich auf die SPD stürzen und vor der Bundestagswahl wieder die Rote-Socken-Kampagne hervorholen. Es wird an den gescheiterten Versuch der SPD in Hessen erinnert werden, mithilfe der Linken an die Macht zu kommen. Und es wird von Mangel an Glaubwürdigkeit die Rede sein, wenn Linksbündnisse in den Ländern eingegangen werden können, im Bund aber ausgeschlossen sein sollen.

Trotzdem: Die SPD hat keine Wahl. Andere Machtoptionen - die Ampel - gibt es nach den derzeitigen Umfrageergebnissen nicht. Und anders als Andrea Ypsilanti in Hessen hat SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas eine Koalition mit der Linken auch nie ausgeschlossen. Nirgendwo sonst wird die Linkspartei personell so stark dominiert von alten Sozialdemokraten wie im Saarland, nirgendwo sonst stehen sich SPD und Linkspartei auch inhaltlich so nahe.

Bild: taz

Selbst wenn es Stimmen bei der Bundestagswahl kosten könnte: Für die SPD insgesamt wäre es wichtiger, nach vielen Pleiten endlich wieder einen Erfolg zu feiern und einen SPD-Ministerpräsidenten ins Amt zu bringen. Der letzte SPD-Politiker, der in einem Westbundesland einen CDU-Ministerpräsidenten ablöste, hieß Rudolf Scharping. 1991 war das, vor 18 langen Jahren.

Die Grünen im Saarland zieren sich noch, sich auf eine rot-rot-grüne Koalition festzulegen, schlau halten sie sich alle Optionen offen. Aber sie werden ihren Wählern nicht vermitteln können, dass sie lieber den CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller im Amt halten wollen, als mit SPD und Linkspartei zu regieren, falls das am Ende die Alternative sein sollte.

Wenn die Mehrheit der Saarländer Rot-Rot-Grün wählt, wird es auch eine solche Koalition geben - und vier Wochen künstliche Aufgeregtheit im Bundestagswahlkampf.

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
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6 Kommentare

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  • GK
    Gaby Küppers

    Kommentar-online 31.8.2009 zur LTW im Saarland, in Sachsen und in Thüringen 2009 von Gaby Küppers,Marburg

     

    Nicht nur durch eine immer größer werdende Anhängerschaft von engagierten Sympathisanten und aktiven Parteimitgliedern, die einen ausgezeichneten Wahlkampf geführt haben,ist es der Linkspartei gelungen nun auch im Saarland politisch Fuß zu fassen und sich weiter in Thüringen zu etablieren,sondern auch durch die Aufgabe großer Teile der sogenannten bürgerlichen Presse DIE LINKE weiter öffentlich zu diffamieren. Durch zahlreiche Auftritte in Talkshows und Radiosendern, durch die den Vertretern der Linkspartei eine faire Möglichkeit gegeben wurde ihre politischen Forderungen vorzustellen und machbare Lösungswege aufzuzeigen, ist es gelungen auch noch unentschlossene Bürger von der Richtigkeit der linken Politik zu überzeugen und an die Wahlurnen zu bringen. Welche Politik der Souverän wünscht wird am Wahlsonntag und nicht allein von den Repräsentanten politischer Parteien entschieden: so sind Koalitionsaussagen, die vor Wahlen gemacht werden nicht nur undemokratisch, sondern führen demokratische Wahlen an sich auch ad absurdum! Von daher stellt die Weigerung der SPD bzw. der Grünen sowohl im Saarland als auch in Thüringen mit der Linkspartei eine Koalition eingehen zu wollen nicht nur eine Missachtung der Wahlergebnisse dar, sondern macht zu dem deutlich inwieweit sich die SPD und die Grünen als demokratische Parteien selbst legitimieren. Wir sind das Volk und alle Anhänger der Linkspartei sind stolz wie Oskar!

    Gaby Küppers,Marburg

  • A
    Amos

    Hoffentlich traut man sich was. Denn es ist leichter

    mit dem Kapitalismus zu hantieren, als ihn zu mäßigen.Denn, "Schmeißt man den ersten Stein", bücken sich die anderen auch. Besser jetzt den Roten

    eine Chance, bevor Schäuble und Konsorten den Polizeistaat aufgebaut haben.

  • A
    Andreas

    Eine Machtoption ist das für die SPD schon, aber Maas schließt ja bereits viele Dinge aus, bevor überhaupt eine einzige Urne ausgezählt wurde. Womit wohl klar sein dürfte, dass Heiko Maas nicht wirklich an einem rot-rot-grünen Bündnis interessiert ist. Zum einen wird seine SPD zusammenschrumpfen, was seine Machtposition in so einer Koalition deutlich schmälert, zum anderen holt er sich mit den Linken eine Anti-Hartz-IV-Partei ins Boot, sprich die werden das vielerort illegale Treiben der Behörde entschärfen wollen. Damit würden die aber genau die Leich aus dem Keller der SPD an die Oberfläche ziehen, die dort niemand mehr sehen geschweige denn riechen will.

    Und in dieser Abneigung sind sie sich mit den Grünen auch einig.

    Meint Tip: Ende für Maas, vielleicht kommt ein Schreiner. Der hätte das Standig, Wissen, Vertrauen und vielleicht auch die Vision, um so ein Bündnis arbeitsfähig zu bekommen. Bei Maas spielt auch die Eitelkeit, sein Karrierismus und seine mangelhafte Führungsqualität eine Rolle, warum er sich durchaus als stellvertretender Ministerpräsident unter Müller wählen lassen könnte.

    Ich denke, die SPD kann gar nicht so einfach in solche Bündnisse gehen, weil die sehr viele Gefahren in sich bergen und die Linke mit ihrer Anti-Hartz-IV-Kampagne in diesem Bereich irgendetwas erreichen muss, was der SPD sehr schlecht schmecken wird.

  • S
    saalbert

    "Das Saarland hat gerade einmal eine Million Einwohner. Und dennoch werden die Landtagswahlen, die in einer Woche dort abgehalten werden, spannender als die Bundestagswahlen vier Wochen später sein."

     

    Sorry, aber wie viele Landtage werden gewählt oder wie viele Wahlen finden dafür statt? Ach, nur ein Landtag und nur eine Wahl? Warum dann nicht "Landtagswahl"? Weil der Plural halt mehr hermacht, auch wenn er völlig fehl am Platze ist und nur für die Quantität steht, nicht aber für die Qualität.

  • LB
    Lea Blumenthal

    Sowohl die Grünen als auch die Linken sind nichts anderes als Abspaltungen von der SPD. Ob die von Ihnen angedachte sog. rot-rot-grüne Koalition im Saarland oder anderswo gelingt, hängt davon ab, wieweit die SPD mit sich ins Reine kommt.

     

    Von ihren marxistischen Ursprüngen hat sich die SPD immer wieder und immer weiter irrational verschämt distanziert. Sie hat sich von konservativer Propaganda sozusagen auf Anständigkeit manipulieren lassen, als ob Begriffe wie "sozial" und "demokratisch" etwa Unanständiges wären, wo sie in einem markanten und vollen Sinne verwendet werden. Die jeweils ideell "echten" Sozialdemokraten haben sich jeweils abgespalten, als sog. Unabhängige Sozialdemokraten und als Kommunisten schon im 1. Weltkrieg, später als sog. Grüne und dann als sog. Linke.

     

    In der heutigen Finanzkrise kann die SPD wieder stolz auf ihre marxistischen Wurzeln sein, die wieder hochaktuell sind. Aber ob dieser Gedanke in der SPD ankommt, so verfeindet wie sie mit sich ist?

  • V
    vic

    Rot-Rot-Grün, das wäre wirklich schön und interessant.

    Ich fürchte nur, alle Beteiligten sind mal wieder zu verbohrt um tatsächlich zusammenarbeiten zu wollen.