Kommentar: Lagerwahlkampf : Alte Seilschaften
Derartig klare Aussagen von Gewerkschaftsseite waren überfällig: Mit markigen Worten geißelte Nordrhein-Westfalens DGB-Vorsitzender Walter Haas gestern die Politik des Sozialabbaus, der Umverteilung von unten nach oben. Merkwürdig nur: Während Haas zu Beginn des Lagerwahlkampfs gegen die CDU massiv mobil macht, war in der Debatte um die Hartz-Kürzungen von dem Gewerkschaftschef nicht viel zu hören. Die alten Seilschaften zwischen DGB und SPD existieren weiter– in Nordrhein-Westfalen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Dabei ist die Kritik des Gewerkschaftsbosses besonders an der bundespolitischen Ausrichtung der Union berechtigt. Natürlich fährt die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und mit ihr der Wirtschaftsflügel der Partei einen neoliberalen Kurs, der der FDP Ehre machen würde. Schlimmer noch: Ein Großteil der Bedenken aber dürfte auch auf die SPD zutreffen. Nicht nur Kündigungsschutz und aktive Arbeitsmarktpolitik wurden von SPD-Rechtsaußen Wolfgang Clement schon längst ausgehöhlt. Und die Bürgerversicherung – also die gerechte Belastung aller zur Finanzierung der Krankenversicherung – bleibt ein Traum der SPD-Linken. Bitter nötig wären unabhängige Gewerkschaften, die wie von Haas gefordert für mehr soziale Gerechtigkeit kämpfen – und nicht für die SPD.
ANDREAS WYPUTTA