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Kommentar Krise im BiohandelÖko allein reicht nicht

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Kleine Bioläden müssen sich stärker profilieren, um zu überleben. Eine Chance liegt darin, sich auf regionale und fair hergestellte Waren zu konzentrieren.

Die fetten Jahre im Bio-Fachhandel sind vorbei. Die Geschäfte, die ausschließlich ökologisch erzeugte Lebensmittel verkaufen, konnten zwar bisher ihren Umsatz stetig steigern. Im zweiten Quartal 2008 allerdings verkauften die Läden erstmals seit Jahren weniger als im Vorjahreszeitraum, wie zwei Marktforschungsinstitute herausgefunden haben. Das ist ein Warnschuss vor allem für die kleinen Läden,die besonders stark verloren haben.

Die Fachhändler können die Hauptschuld nämlich nicht auf die steigende Inflation oder die schwächelnde Konjunktur schieben. Natürlich stimmt es, dass die Verbraucher wieder stärker sparen. Doch der Ökoboom geht weiter. Immer mehr Leute kaufen Bio - aber zunehmend nicht mehr im Fachhandel, sondern in konventionellen Läden wie Edeka, Aldi und Lidl. Den kleinen Bios, die den Trend zur gesunden und umweltfreundlichen Ernährung in Gang gebracht haben, drohen nun die Früchte ihrer Aufbauarbeit verlorenzugehen.

Die Gründe sind klar: Discounter können wegen der riesigen Mengen, die sie umschlagen, zum Beispiel bei Einkauf und Transport sparen. Sie sind einfach billiger als die kleineren Bioläden. Die Öko-Supermärkte haben auch verloren, können in diesem Wettbewerb jedoch besser mithalten. Sie bieten ihren Kunden mehr Platz und Übersichtlichkeit. Die Hemmschwelle, Bioprodukte zu kaufen, ist in einem größeren Supermarkt niedriger als in einem Laden, wo der Inhaber jeden Besucher im Blick hat.

Ihre Ladenfläche können die kleinen Geschäfte kaum vergrößern. Deshalb müssen sie Ideen entwickeln und den Kunden das bieten, was es bei großen oder konventionellen Konkurrenten so nicht gibt: zum Beispiel soziales Engagement oder ein besonders klimabewusstes Angebot. Dazu könnten sie sich etwa auf regional und fair hergestellte Waren konzentrieren. Andere sollten sich auf bestimmte Produkte beschränken, bei denen sie mit kompetenterer Beratung und größerer Vielfalt als ein Vollsortimenter glänzen. Noch können Händler diese Schlüsse ziehen und sich neu positionieren - hoffentlich tun sie es auch.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis, 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

1 Kommentar

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  • EB
    eva benizri

    Schade ist hierbei, dass der konvetionelle Handel die "Bio-Klientel" mit ihrem Angebot anlockt und nicht auf die tatsächliche Vermarktung hinzielt. Bio scheint einem bei dem betreten mancher Märkte, als reines Lockmittel zu dienen. So wird in aufwendigen TV-Spots eine Bio-Sortiment beworben, welches beim genauen hinsehen lückenhaft und qualitativ bescheiden ist. Die Gefahr dieses Wandels sehe ich darin, dass es irgendwann zu einem "minderwertigen", reinen EG-Bio-Angebot kommt. Spätestens dann muß sich der Verbraucher fragen, ob er das gewollt hat. Meiner Erfahrung nach werden Nieschenprodukte so schnell ausgelistet, wie sie eingelistet wurden.

    Es ist nur zuhoffen, dass einer der "EG-Bio-Skandale" demnächst die breite Öffentlichkeit erreicht.