Kommentar Kosovo: Fakten geschaffen

Montenegro und Mazedonien erkenn die Unabhängigkeit des Kosovo an. Das tut Belgrad doppelt weh.

Lange haben Montenegro und Mazedonien gezögert, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Am Donnerstag aber entschieden die beiden Nachbarländer Serbiens, Fakten zu schaffen.

Das tut Belgrad doppelt weh. Denn nur einen Tag zuvor hatte man einen wichtigen Erfolg verbucht: Die UN-Generalversammlung entschied, die völkerrechtliche Dimension der Unabhängigkeit des Kosovo vor dem wichtigsten UN-Gericht zu verhandeln.

Serbien ist also enttäuscht, vor allem von Montenegro. Denn dort sympathisiert fast die Hälfte der Bevölkerung nach wie vor mit Serbien, eine starke Minderheit lehnte bei der Volksabstimmung 2006 sogar die Unabhängigkeit Montenegros von Serbien ab.

In Mazedonien dagegen entstand innenpolitischer Druck für die Anerkennung Kosovos, weil immerhin rund ein Viertel der Bevölkerung zur albanischen Minderheit gehört. In beiden Staaten erzeugte die Diskussion innenpolitische Spannungen. Doch jetzt ist endlich klar, wohin die Reise geht.

Zwar sind, nachdem Serbien die Botschafter der Nachbarstaaten auswiesen hat, die Beziehungen zum großen Nachbarn vorerst eingefroren; Mazedonien und Montenegro richten sich aber ohnehin eher nach den Wünschen der mächtigsten Staaten in der EU und nach denen der USA. Sicherlich hat der Besuch des US-amerikanischen Verteidigungsministers in den letzten Tagen zur Entscheidung beigetragen. Montenegro und Mazedonien wollen sich ja weiter an die EU und die Nato annähern. Für die wirtschaftliche Entwicklung des Raumes ist das geordnete Nebeneinander der neuen Staaten notwendig. Beide Nachbarstaaten werden nun die neuen Pässe Kosovos anerkennen, die Reisefreiheit wird gesichert, gemeinsame Strategien zur Entwicklung der Region zusammen mit Albanien und unabhängig von Serbien werden möglich. Belgrad wird über kurz oder lang aus dem Schmollwinkel kommen müssen.

Für Kosovo bedeutet die Anerkennung durch Montenegro und Mazedonien einen überlebenswichtigen politischen Durchbruch.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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