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Kommentar Korruptionsskandal ItalienDas Erbe Berlusconis

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Italiens Politiker finanzieren am liebsten sich selber. Um aus der Krise zu kommen, muss Italien sich dieser Klasse entledigen.

A ls 1992 die unter dem Namen „Tangentopoli“ – „Schmiergeldrepublik“ – in die Geschichte eingegangenen Korruptionsskandale Italiens traditionelle Regierungsparteien wegfegten, da glaubten die meisten, die Dinge könnten nur besser werden.

Schließlich hatten die Vertreter der Democrazia Cristiana oder der Sozialisten unter Bettino Craxi sich bei so gut wie jedem öffentlichem Auftrag ungeniert schmieren lassen, um ihre Parteien üppig zu finanzieren.

Und heute? Heute sind Italiens Politiker in Scharen einen Schritt weiter: Sie finanzieren lieber gleich sich selber. Dies ist der gemeinsame Nenner aller Skandale der letzten Monate, von der Familie um den früheren Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, die es sich mit Geldern aus der Wahlkampfkostenerstattung gutgehen ließ, über den Kassierer der im Mitte-links-Lager angesiedelten Partei Margherita, der 25 Millionen Euro beiseite schaffte, und den Regionalgouverneur der Lombardei, Roberto Formigoni, der sich jahrelang Luxusurlaube von Auftragnehmern der Region finanzieren ließ.

MICHAEL BRAUN

ist Italien-Korrespondent der taz und lebt in Rom.

Explosion, Implosion, Erdrutsch – viele Bilder bemüht die italienische Presse, wenn es um die Szenarien geht, die den Parteien in den nächsten Monaten drohen. Wenigstens auf der Rechten wäre es aber passender, von einem Prozess der Verfaulung zu sprechen.

Das Berlusconi-Lager zog systematisch windige Geschäftemacher an, Männer und Frauen, die den Einstieg in die Politik als sicheren Weg begriffen, um materiell auf die Erfolgsspur zu kommen. Personen, denen ganz wie ihrem Chef Berlusconi jedes Unrechtsbewusstsein abgeht.

Ihnen wie ihrem Chef reicht es, das Amt zur Lösung ganz persönlicher Probleme zu missbrauchen. Aus seiner Krise wird Italien nur unter einer Bedingung finden: dass es sich, so schnell wie möglich, dieser politischen Klasse entledigt.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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2 Kommentare

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  • S
    Spaghetti

    Wer hat vormals Belusconi gewählt? Doch das dumme Volk selbst! Da wie hier, werden stets die größten Schauspieler gewählt. An seiner "Schuhwichsfrisur"hätte man doch schon zu dem Schluss kommen müssen, dass der nicht ganz echt ist. Und wie der Herr so's Gescherr heute.

  • C
    Celsus

    Überall in der Welt ticken die Uhren anscheinend bei den Konservativen gleich. Der Satz "Mein Bauch gehört mir" wird abgelehnt und "Mein Geld gehört mir!" wird gleich dreimal unterschrieben. Vergewaltigung in der ehe gebe es nicht und soziale Leistungen müssten abgebaut werden, sind auf dem gleichen Mist gewachsen. Lange zeit hatten sich doch gerade CDU und CSU gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gewendet!

     

    Überall auch in Deutschland Skandale und Skandälchen von Unionspolitikern bis hin zu kriminellen Handlungen.

     

    Der rote faden in der Geschichte? Keine MItgefühl mit anderen Menschen. Es geht nur noch um die sofortige und schnellste Erfüllung aller eigenen Bedürfnisse.

     

    Und jetzt das Erbe Berlusconis mit dem Unterton, dass nach ihm alles in Ordnung sei? Nein. Die Geistesströmung bleibt erhalten.