Kommentar Korruption in Österreich: Aufräumen im Selbstbedienungsladen
Exklusive Jagdwochenenden und illegale Parteienfinanzierung – ein Gesetz verhindert Transparenz im Selbstbedienungsladen Österreich. Aber es wird ein Thema.
I n der österreichischen Politik gilt es als Tugend, einen Skandal auszusitzen. Als „Mordssteher“ werden Leute bewundert, die im Sturm der medialen Entrüstung nicht wanken. Ein Christian Wulff wäre hierzulande mit Sicherheit noch im Amt und privat genutzte Flugmeilen wären nicht einmal den Skandalblättern eine Zeile wert.
Konnte diese Kultur des schlampigen Umgangs mit klimaverbessernden Zuwendungen lange Zeit als Teil der „österreichischen Gemütlichkeit“ verharmlost werden, so ist jetzt Schluss mit lustig.
„Mehr Privat, weniger Staat“ war der Leitspruch von Wolfgang Schüssel, ÖVP, der zwischen 2000 und 2008 zwei Regierungen mit der FPÖ und deren Abspaltung BZÖ führte. Diesen Spruch haben viele seiner Minister und Funktionäre als Freibrief verstanden, den Staat zum eigenen Wohle auszuplündern.
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird noch viele Monate damit beschäftigt sein, auch nur die spektakulärsten Fälle von Selbstbedienung aufzurollen. Mehr und mehr wird dabei deutlich, dass nicht nur die Emporkömmlinge der Rechtsparteien zulangten. Auch in der ÖVP, die sich als staatstragende Partei versteht, fehlt jedes Gefühl für politischen Anstand.
ist Österreich-Korrespondent der taz.
Viele Teilnahmen an exklusiven Jagdwochenenden sind nach herrschender Gesetzeslage nicht einmal strafbar. Und mögliche illegale Parteienfinanzierung, die nun vermutet werden muss, kann gar nicht aufgedeckt werden, weil das Gesetz jede Transparenz verhindert. Wenn es trotzdem einmal ernst wird, dann mauert das ÖVP-geführte Justizministerium.
Doch die Blockade jeder Reform in Sachen Parteienfinanzierung und Korruption entpuppt sich jetzt für die ÖVP als Schuss ins Knie: in den Umfragen liegt sie seit Monaten hinter der FPÖ an dritter Stelle.
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