Kommentar Korruption in Israel: Herr Zickzack spekuliert
Verteidigungsminister Barak kann sich sicher sein, mit der öffentlichen Distanzierung vom korrupten Olmert auf der Popularitätsskala zu punkten.
Ehud Barak mag nicht länger zusehen, wie das Land immer tiefer im Schlamm von Bestechung und Unterschlagung versinkt. Welch edler Schritt, den Premierminister zum Rücktritt zu drängen. Der medienwirksame Auftritt des Verteidigungsministers kommt gerade am Tag nach der spektakulären Gerichtsaussage von Olmerts Gönner, einem amerikanischen Geschäftsmann. Dessen Bericht über den Regierungschef, der die teuren Zigarren und hübsche Hotelsuiten liebt, macht sich nicht gut für das Ansehen Olmerts.
Barak kann sich sicher sein, mit der öffentlichen Distanzierung vom korrupten Chef auf der Popularitätsskala zu punkten. Niemand sollte sich indes Illusionen machen, dass der ehemalige Premierminister ernst macht - er, der für seine unentschlossene Politik im Volk "Herr Zickzack" genannt wurde. Seine Ankündigung, die Koalition zu verlassen, kommt halbherzig, leere Drohungen macht Barak öfter. Sollte es tatsächlich auf vorgezogene Neuwahlen hinauslaufen, wird er einen Rückzieher machen. Denn Neuwahlen würden Baraks politisches Ende bedeuteten, würde er dabei doch sehr wahrscheinlich verlieren.
Der Verteidigungsminister spekuliert vielmehr auf einen Führungswechsel bei der Kadima. Mit seiner Rücktrittsforderung an den Regierungschef lenkt er die Aufmerksamkeit auf das Schweigen der Außenministerin Zippi Livni, die als aussichtsreichste Nachfolgerin für Olmert gehandelt wird. Je länger sie keine klare Position bezieht, desto stärker büßt sie an Glaubwürdigkeit innerhalb ihrer Partei wie auch im Volk ein.
Für Livni kommt die Affäre um ihren Chef zu früh. Der Mittvierzigerin mangelt es an politischer Erfahrung, um schon jetzt das höchste Amt zu übernehmen. Und genau darauf spekuliert Barak. Er würde Livni unter seine Fittiche nehmen, um sie bei den regulären Wahlen in zwei Jahren als Regierungschef abzulösen. Die Frage ist nur, mit welcher Politik er bis dahin das Volk überzeugt: Ist es Frieden mit Syrien oder doch eher sein Plan, ein für alle Mal im Gazastreifen aufzuräumen, wie er es schon seit Monaten ankündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Pazifismus der Linkspartei
Mehr Rationalität wagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Von der Leyen legt Milliarden-Plan zur Aufrüstung Europas vor
Eklat im Weißen Haus
Europa muss jetzt viel Geld bereitstellen
Unionsvorstoß für Sondervermögen
Ohne eine Reform der Schuldenbremse geht es nicht
Vorfall in Mannheim
Autofahrer rast durch Fußgängerzone
Russlands Beziehungen zur USA
Achse der Freundschaft