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Kommentar KonjunkturpaketFöderaler Irrsinn

Kommentar von Ralph Bollmann

Die völlige Unkenntlichkeit, zu der im föderalen Verfahren hierzulande die Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern verwischt werden, trägt zur Politikverdrossenheit erheblich bei.

A m Ende geht es dann immer noch einigermaßen gut. Das Konjunkturpaket hat am Freitag den Bundesrat passiert, bei der Kfz-Steuer wird man sich im Vermittlungsausschuss irgendwie noch einigen. Und der absurde Antrag auf rückwirkende Steuersenkungen, den die unionsregierten Länder der FDP zuliebe beschlossen, wird ohne praktische Folgen bleiben.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Leiter des Parlamentsbüros der taz.

So war es auch schon bei der Bankenrettung im vorigen Herbst, als die Ministerpräsidenten nur für eine kurzzeitige Störung im Getriebe der Berliner Gesetzgebung sorgten. Trotz zwischenzeitlichen Wechsels der Bundesratsmehrheit: Stark genug, um die große Koalition wirklich aufzuhalten, sind die drei kleinen Koalitionspartner in den Ländern dann doch nicht - zumal dann nicht, wenn Union und SPD sie gegeneinander ausspielen und mit der Drohkulisse einer fortschreitenden Finanz- und Wirtschaftskrise einschüchtern können.

Ein Glanzstück des Föderalismus war es dennoch nicht, was die sechzehn Landesregierungen in den vergangenen Wochen aufführten. Gewiss: Der Bundesrat ist dafür da, dass die Länder ihre legitimen Interessen in der Steuerpolitik vertreten, dass sie reale Probleme bei der Verteilung von Investitionsgeldern in den Kommunen thematisieren.

Auch wäre es naiv, dabei die Ausschaltung parteipolitischer Interessen zu erwarten. Aber die völlige Unkenntlichkeit, zu der im föderalen Verfahren hierzulande die Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern verwischt werden, trägt zur Politikverdrossenheit erheblich bei. Daran hat auch die erste Föderalismusreform nichts geändert.

Es wird auch die zweite und jede weitere Föderalismusreform nichts daran ändern. Selbst bescheidene Vorschläge für veränderte Abstimmungsregeln im Bundesrat wurden von denselben Politikern, die sie hervorbrachten, gleich wieder als unrealistisch einkassiert.

Niemals werden die Landesfürsten ihrer eigenen Entmachtung zustimmen. Diese Erfahrung machte Kaiser Maximilian bei der Reichsreform um 1500, so ging es den Unterhändlern des Westfälischen Friedens und des Wiener Kongresses, so war es im Parlamentarischen Rat 1949. Und so wird es bleiben, wenn auch die Krisen kommen und gehen.

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2 Kommentare

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  • M
    michaelbolz

    @Ruch

    Wenn die DDR die Hölle war, dann reicht der Kapitalismus leicht noch eine Etage tiefer.

    Willkommen in der Wirklichkeit.

  • HR
    Helmut Ruch

    Die Politikverdrossenheit weiter Teile der Bevölkerung auf Probleme des Föderalismus zurückzuführen ist schon eine gewagte Konstruktion! Die größte Wählergruppe in diesem Lande, die Nichtwähler, erfährt ihren Zuwachs sicher nicht aus Kreisen der Bevölkerung, denen die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern ein Problem ist. Es sind doch wohl eher Menschen, die sich von diesem politischen System insgesamt nichts mehr versprechen, die bemerkt haben, dass sie so oder so beschissen werden, egal ob die Regierungspartei sich CDU oder SPD nennt.

    Im Moment erfährt die Wählergruppe der Nichtwähler ihren größten Zulauf aus den Reihen der SPD; Menschen, die den Verrat sozialdemokratischer Ziele durch Schröder und seine Nachfolger nicht mehr mittragen wollen, deren antikommunistische Konditionierung aber so tief sitzt, dass die Wahl der Linke für sie nicht infrage kommt. Diese Menschen sind leichte Opfer einer weitgehend gleichgeschalteten Medienlandschaft und lassen sich in die politische Resignation treiben.

    Wir werden dieses Wirken der Medien bis zur Bundestagswahl noch ausgiebig bestaunen dürfen: im Jahre 20 nach dem Mauerfall werden wir in unzähligen Rundfunk-, Fernseh- und Zeitungsbeiträgen erklärt bekommen, dass die DDR die Hölle auf Erden war und die Partei Die Linke zurück in diese Hölle will! Und die taz wird vermutlich kräftig mit ins Horn stoßen!