Kommentar Koalitionsoptionen in NRW: Verbale Abrüstung jetzt!
Ein rot-rot-grünes Bündnis im größten Bundesland könnte die Mehrheit von CDU und FDP im Bundesrat kippen. Schon allein deshalb sollten Linke, Grüne und SPD den Weg dafür freimachen.
Mindestlohn, Abschaffung der Studiengebühren, ein Ende der sozialen Selektion von Schülerinnen und Schülern schon nach der vierten Klasse und keine Kopfpauschale im Gesundheitswesen: In Nordrhein-Westfalen vertreten SPD, Grüne und Linke in vielen Fragen ähnliche Positionen. Und die sind offenbar mehrheitsfähig. Glaubt man einer aktuellen Umfrage, hat die schwarz-gelbe Koalition von Jürgen Rüttgers ihre Mehrheit schon jetzt, sechs Monate vor den Landtagswahlen, verloren. Selbst eine absolute Mehrheit für ein linkes Lager scheint plötzlich in Reichweite.
Doch allen inhaltlichen Gemeinsamkeiten zum Trotz: Lieblingsgegner von SPD, Grünen und Linken sind nicht Rüttgers oder die Liberalen - sondern die jeweilige Konkurrenz in der Opposition. Die Sozialdemokraten haben den Absturz in ihrem einstigen Stammland, den Verlust von Wählerstimmen und damit Macht und Einfluss an Grüne und Linke noch immer nicht verwunden - darum erklärt SPD-Landeschefin Hannelore Kraft die Linken für "nicht regierungsfähig". Für die Grünen ist die SPD die Partei, die in der zehnjährigen gemeinsamen Regierungszeit immer wieder versucht hat, ihren Koalitionspartner zu demütigen. Und für viele Linke sind SPD und Grüne als "Agenda"- und "Hartz"-Parteien indiskutabel.
Dabei könnte ein rot-rot-grünes Bündnis im größten Bundesland die Mehrheit von CDU und FDP im Bundesrat kippen und dort den Durchmarsch in eine durchökonomisierte Republik, mit Kopfpauschale und Steuersenkungen für Besserverdienende, stoppen. Schon allein deshalb sollten Linke, Grüne und SPD jetzt den Weg für Rot-Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen freimachen und im Wahlkampf schon mal verbal abrüsten - je schneller, desto besser.
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