Kommentar Klimaziele: Die letzte gute Nachricht
Deutschland hat sein Ziel bei der Reduzierung der Klimagase geschafft. Doch die Zukunft sieht düster aus. Anstatt die Anstrengungen zu steigern, tritt Deutschland auf die Bremse.
D eutschland hat sein Kioto-Ziel bereits erreicht. Auch wenn die Zahlen durch statistische Effekte und den vergangenen milden Winter etwas schöner aussehen als die Realität, ist das zunächst eine gute Nachricht. Sie zeigt, dass die Politik mit den richtigen Maßnahmen sehr wohl in der Lage ist, Energieeffizienz zu fördern und den Umstieg auf erneuerbare Energien in Gang zu bringen.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie und Wirtschaft.
Allerdings liegen die Gründe dafür allesamt in der Vergangenheit: Ursache ist zum Großteil der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft. Und die Grundlage für den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien wurde bereits in den letzten Legislaturperioden gelegt.
Für die Zukunft ist hingegen nicht viel Gutes zu erwarten. Es hat 18 Jahre und den Zusammenbrauch der ostdeutschen Wirtschaft gebraucht, um die deutschen CO2-Emissionen um 22 Prozent zu reduzieren. Wenn das notwendige Minimalziel - 40 Prozent Reduktion bis 2020, also weitere 18 Prozent in den nächsten 11 Jahren - noch erreicht werden soll, müssten die Anstrengungen erheblich gesteigert werden.
Tatsächlich passiert aber das genaue Gegenteil. Deutschland setzt bei der Stromerzeugung - die auch bisher als einziger Sektor deutlich steigende Emissionen verzeichnet hat - auf die extrem klimaschädliche Kohle. Umweltminister Gabriel will entsprechende Neubaupläne der Konzerne nicht nur akzeptieren, sondern sogar subventionieren. Und in der EU deutet sich eine massive Aufweichung der vor einem Jahr verkündeten Klimaziele an: bei den Emissionsobergrenzen für Autos ebenso wie bei der Versteigerung der CO2-Zertifikate. Damit werden ein Erfolg der Klimakonferenz in Posen im Dezember und ein Kioto-Nachfolgeabkommen in Kopenhagen nächstes Jahr wenig wahrscheinlich.
Es ist absurd: Gerade jetzt, wo sich zeigt, dass sich eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg keineswegs ausschließen, treten Deutschland und die EU mit unsinnigen Argumenten auf die Bremse. Wenn es dabei bleibt, dürfte das Erreichen des deutschen Kioto-Ziels auf absehbare Zeit die letzte gute Klima-Nachricht bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört