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Kommentar KlimaschutzAllein, es fehlt an Taten

Kommentar von Hanna Gersmann

Der Kabinettsbeschluss zum Klimaschutz klingt nach ein großer Wurf. Schaut man aber ins Detail, tun sich große Lücken auf. Noch immer haben die Lobbys zu großen Einfluß.

Bild: taz/urb

Hanna Gersmann ist Umweltkorrespondentin im Parlamentsbüro der taz.

Nun hat die große Koalition also ganz offiziell beschlossen, das Klima per Gesetz zu retten. Bauherren, Autofahrer, Unternehmer - alle sollen helfen, Gletscherschmelze und Wetterkapriolen einzudämmen. Die Kanzlerin Angela Merkel macht damit ein radikales Eingeständnis: Die Selbstverpflichtungen der Wirtschaft sind tot. Sehr gut!

Viel zu lange haben die deutschen Regierungen unterschiedlichster Couleur, ob schwarz-gelb oder rot-grün, Allianzen mit den Lobbys ausgekungelt, undemokratisch am Parlament vorbei. Auch dank Angela Merkel. Sie hat als Umweltministerin unter der Regierung Helmut Kohls den unseligen Selbstverpflichtungen erstmals Vorrang vor Recht und Gesetz gegeben. Wozu haben sich die Industrieverbände fortan nicht alles freiwillig verpflichtet: Die Energiekonzerne versprachen der Republik moderne Kraftwerke, die weniger Treibhausgase in die Luft pusten. Die Autobauer kündigten eine bessere, Sprit sparende Technik an. Und die Mineralölwirtschaft wollte die Heizungen sparsamer machen. Auch der grüne Umweltminister Trittin nahm das CO2-Spargelübde so hin, das ihm der Bundesverband der Deutschen Industrie seinerzeit machte. Passiert ist - nichts.

Statt weniger CO2 zu produzieren, sind die Emissionen zwischenzeitlich sogar angestiegen. Viel zu spät kommen die ewigen Mauschler nun in Bedrängnis. Sicher, sie mussten sich schon mal mit dem Dosenpfand, der Altautoverordnung und dem Emissionshandel abfinden. Doch viel mehr Vorschriften mussten sie bisher nicht fürchten. Insofern bedeutet die Klimavereinbarung von Meseberg ein Umdenken in der Umweltpolitik. Nur - und das ist das große Problem - die Einsicht von Merkel und Co. geht bei weitem nicht weit genug.

Die Wirtschaft wird weiterhin zu sehr geschont. Ob sich Firmen einen Energiemanager ins Haus holen müssen, der Verschwendung aufspürt? Dazu soll es noch eine Absprache mit der Wirtschaft geben. Die verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Stromfressern? Sie bleibt für Hersteller freiwillig. Rhetorisch ist die Selbstverpflichtung tot, im Kleingedruckten lebt sie aber munter weiter. So bleibt die Regierung Taten im Kampf gegen den Klimawandel schuldig.

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taz-Autorin
War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.
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