Kommentar Kenia: Signal an alle Despoten
Um Kenia zu helfen, genügt es nicht, Hilfsgelder zu kürzen. Es braucht auch konsequente Sanktionen - bis Kenias Wählern Gerechtigkeit widerfahren ist.
Vor nicht einmal einem Monat war Kenia noch eines von Afrikas Aushängeschildern. Damit ist es vorbei, seit die Regierung von Mwai Kibaki die Präsidentenwahl vom 27. Dezember gefälscht hat. Aber weder Kibaki noch sein Widersacher Raila Odinga scheinen derzeit ernsthaft daran interessiert zu sein, die Krise im Land zu beenden: Der eine kann so auf das Chaos verweisen, das ein Sieg Odingas zur Folge gehabt hätte - der andere auf das Ausmaß des Unmuts in der Bevölkerung. Während sich die Ärmsten und Perspektivlosesten, allen voran arbeitslose Jugendliche, in den Slums gegenseitig umbringen, sitzen beide Anführer komfortabel in ihren Villen.
Damit das ein Ende hat, müssen die Industrieländer den Druck auf beide Seiten erhöhen. Dass die Europäische Union mit der Kürzung von Hilfsgeldern nur droht, reicht nicht aus. Jede finanzielle Unterstützung für eine Regierung, die das kenianische Volk soeben abgewählt hat, muss sofort eingefroren werden. Die großen Unternehmen, die führenden Regierungsmitgliedern gehören, sind zu sanktionieren. Und auch die internationalen Geschäfte von Oppositionsführer Raila Odinga müssen blockiert werden, wenn er seine Anhänger nicht dazu bewegt, die Verfolgungen einer ganzen Volksgruppe einzustellen. Dann entstünde eine Situation, in der der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan immerhin die Chance hat, ernsthaft Gespräche zu führen.
Die Sanktionen sollten so lange aufrechterhalten werden, bis Kenias Wählern Gerechtigkeit widerfahren ist. Wer seit Jahren gute Regierungsführung in Afrika fordert, darf in einer Situation wie der jetzigen nicht die eigenen Anliegen als übergeordnet betrachten. Das gilt gleichermaßen für die EU wie für die USA, für die Kenia einer der wichtigsten Partner im "Kampf gegen den Terrorismus" ist. Doch diese Interessen müssen jetzt zurückstehen. Sonst trägt der Westen die Verantwortung, wenn sich der nächste afrikanische Despot Kenia zum Beispiel nimmt und seine Bevölkerung bei den Wahlen betrügt - wohl wissend, dass er keine Folgen fürchten muss. MARC ENGELHARDT
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