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Kommentar KatalonienDie Realität war schneller

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Die Wahl in Katalonien war eine herbe Niederlage für den Präsidenten. Jetzt steckt er in einer Zwickmühle.

D er Plan von Artur Mas ist gescheitert. Der aktuelle und künftige Präsident der Autonomieregierung Kataloniens zog die Wahlen um zwei Jahre vor – mit dem Versprechen, in der kommenden Legislaturperiode eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit seiner nordostspanischen Region abzuhalten.

Seine konservativ-nationalistische Convergència i Unió (CiU) wollte sich damit an die Spitze einer breiten Bewegung setzen, die im September weit über eine Million Menschen auf die Straßen Barcelonas brachte. Doch die CiU brach bei den Wahlen ein. Stattdessen profitierte die linksseparatistische Republikanische Linke Kataloniens (ERC) von der Unabhängigkeitsdebatte.

Artur Mas befindet sich in einer Zwickmühle, aus der er so leicht nicht mehr herauskommen wird. Ein Rückzieher in Sachen Unabhängigkeit würde seiner CiU bei einem künftigen Urnengang noch mehr Stimmenverluste in Richtung Separatisten bescheren. Doch mit der Duldung von ERC zu regieren ist unmöglich. Zu unterschiedlich sind die politischen Ansätze, wenn es um Krisenbewältigung geht. Während CiU – wie übrigens auch die verhasste konservative Volkspartei (PP) von Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy – ausschließlich auf einen harten Kürzungskurs im Sozialwesen und im öffentlichen Dienst setzt, sind die Linken von ERC dafür nicht zu haben.

Bild: taz
REINER WANDLER

ist Spanien-Korrespondent der taz in Madrid.

Die Realität hat Mas eingeholt. Die soziale Proteste werden zunehmen, der Ruf nach Unabhängigkeit auch. Außerdem wird die Kritik im eigenen Lager lauter. Denn auch dort sind nicht alle von separatistischen Experimenten begeistert, die die Industrieregion Katalonien vom spanischen und vom europäischen Markt abschneiden könnten. Mas ist nicht jetzt nur geschwächt, er ist künftig auch Spielball völlig widersprüchlicher Interessen.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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1 Kommentar

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  • U
    Uncas

    Der Kommentar ist schon besser als der eingekaufte Artikel zur Wahl, gleichwohl: das Ergebnis drückt eher Normalität aus: alle scheinen den Dauerkonflikt zu wollen, anstatt sich einmal wirklich Klarheit zu verschaffen. Auch Esquerra Republicana, gerade Esquerra Republicana wird wohl bei den nächsten Wahlen eher wieder den Frust der Wähler zu spüren bekommen.

     

    Mas kann nicht anders als auf Esquerra zu setzen und Esquerra wird sich hinhalten lassen und selbst hinhalten. Die grösste Angst von Esquerra Republicana ist als nicht wirklich seriös, als nicht belastbar zu gelten und die wirtschaftliche und soziale Lage verschafft Mas hier ein zusätzliches Druckmittel. So sieht auch schon die erste Bedingung von Esquerra Republicana eher wie ein schlechter Witz aus: Schaff den Euro für Krankenkassenrezept ab, verweigere dich der Partido Popular und dann können wir dich unterstützen. Dazu muss man wissen, dass der Euro für Rezepte sowieso starkem, auch gerichtlichem Druck ausgesetzt ist und eine Zusammenarbeit mit der PP, zumindest in den nächsten Monaten, nach der Schmutzkampagne aus Madrid für CiU nicht in Frage kommen kann.

     

    Esquerra wird also eine Minderheitsregierung aktiv dulden, ohne wirklich das Mandat der Wähler wahrzunehmen und anzunehmen. Von einem Referendum spricht selbst Esquerra Republicana nicht mehr wirklich und die ersten Aussagen am Tag danach verdeutlichen häufig schon die taktische Aufstellung.

     

    Die Aussichten selbst sind jedoch so negativ, da kann sich die Lage in drei bis vier Monaten vollkommen anders darstellen, da Katalonien's Schuldenkrise der griechischen kaum nachsteht. Das Land ist im wahrsten Sinne des Wortes bankrott.