Kommentar Junge Mütter: Letzter Ausweg Schwangerschaft
Chancenlos: Ohne Orientierung bleibt jungen Frauen das Muttersein
8 Prozent der Mütter von Neugeborenen in Marzahn-Hellersdorf sind jünger als 20 Jahre. Das sind doppelt so viele wie im Berliner Durchschnitt. Die meisten von ihnen sind ohne Schulabschluss und Beruf. Wer darin nur die Fortschreibung eines DDR-Trends sieht, macht es sich 20 Jahre nach dem Mauerfall zu leicht.
In der DDR war es Usus, dass Frauen früh Mütter wurden. Es hatte dort Vorteile, auf Kinder zu setzen. Hatte man welche, kam man leichter an eine Wohnung. Berufliche Perspektiven waren auch nicht verbaut - es gab ja Krippen und Kindergärten. Die frühe Mutterschaft hat sich auch positiv auf eine lange Arbeitsbiografie mit deshalb höherer Rente ausgewirkt.
Anders heute. Die jungen Hellersdorferinnen, die nun Mütter werden, sind in der BRD geboren. In der haben Eltern bekanntermaßen viele Nachteile. Mit Erziehungsproblemen wird man allein gelassen - es sei denn, man ist fit genug, sich selbst Hilfe zu holen. Auch die Kinderbetreuung ist nur schlecht an die Bedürfnisse von Arbeitenden angepasst. Wer aber von Hartz IV leben muss, dem ist Armut sicher. Kinderarmut sowieso.
Warum aber werden die jungen Frauen trotzdem schwanger? Die Antwort ist klar: Eine andere Möglichkeit, ihrem Lebenslauf eine eigene Richtung zu geben, haben sie nicht. Selbstverwirklichung durch Arbeit können sie vergessen, weil es für sie keine Arbeit gibt. Das merken sie nicht erst in dem Augenblick, in dem sie keine Ausbildung finden. Das wissen sie schon in der Schule, wenn sie nur Mittelmaß sind.
8 Prozent - die Zahl steht für etwas: Sie steht für die Chancenlosigkeit vieler junger Frauen in Berlin. Das ist der Skandal.
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