Kommentar Großbritannien: Billiges Briten-Bashing
Womöglich soll das Briten-Bashing nur davon ablenken, dass sich Deutschland und Frankreich doch nicht so einig sind und das Merkozy-Paket keine Zauberformel ist.
W arum regen sich gewisse populistische Kreise eigentlich so auf darüber, dass Großbritannien sein Veto gegen eine EU-Vertragsveränderung zur Schaffung einer Fiskalunion eingelegt hat? Vor dem EU-Gipfel letzte Woche hieß es regelmäßig, es sei nicht unbedingt erforderlich, dass alle 27 EU-Mitglieder an Bord sind: Notfalls machen das die 17 Euro-Mitglieder alleine.
Jetzt wird plötzlich der große Bruch heraufbeschworen, weil nicht alle 27 EU-Mitglieder dabei sind. Womöglich soll das Briten-Bashing ja nur davon ablenken, dass sich Deutschland und Frankreich doch nicht so einig sind wie sie tun und dass das Merkozy-Paket keine Zauberformel zur Eurorettung ist.
Großbritanniens Veto entspringt einem schlichten Kalkül. Der britische Premierminister David Cameron konnte gar nicht anders. Im britischen konservativ-liberalen Koalitionsvertrag steht, dass im Falle einer EU-Vertragsveränderung, die Kompetenzen von der nationalstaatlichen Ebene an die EU verlagert, eine Volksabstimmung in Großbritannien anzusetzen ist.
ist Co-Leiter des Auslandsressorts der taz.
Hätte Cameron in Brüssel Ja zur Vertragsveränderung gesagt, würde er also vor das britische Wahlvolk treten müssen mit der absurden Position, die EU-Integration gegen die mehrheitlich euroskeptische Meinung verteidigen zu müssen. Das würde ihm mit Sicherheit eine Niederlage bescheren und ihn womöglich dann auch den Job kosten.
Cameron hat die EU gespalten, um sich selbst, die Einheit seiner Regierung und seiner Partei zu retten. Was ist daran verwerflich? Nichts anderes würden auch Merkel oder Sarkozy tun. Merkozy darf Cameron eigentlich sogar dankbar sein. Was würde die Welt denn von einer EU halten, die Reformen ihrer Haushaltspolitik von einer Volksabstimmung in Großbritannien abhängig macht, obwohl dieses Land gar nicht beim Euro dabei ist?
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