Kommentar Griechenland: Billige Lösungen gibt es nicht
Das Spardiktat treibt Griechenland nur weiter in die Krise. Eine kostengünstige Rettung wird es deshalb nicht geben. Ein Konjunkturprogramm könnte helfen.
G riechenland ist erneut bankrott: Es ist offensichtlich, dass es seine Kredite nicht vollständig bedienen kann – obwohl die privaten Banken im Februar auf 107 Milliarden Euro verzichtet haben. Nun wird nach einem Schuldigen für dieses Debakel gesucht.
Wachsen die Kreditberge erneut, weil die griechische Regierung nicht weiter sparen will? Liegt es an der tiefen Rezession in Griechenland, die die Steuereinnahmen wegbrechen lässt? Oder war der Schuldenschnitt einfach zu klein?
Leider sind alle drei Erklärungen richtig, was eine politische Lösung so schwer macht. Um ein extremes Gedankenexperiment anzustellen: Angenommen, den Griechen würden alle Kredite komplett erlassen, womit auch alle Zinszahlungen entfielen – die Griechen würden trotzdem neue Schulden aufhäufen. Denn der Staat kann sich nicht komplett selbst finanzieren, dafür reichen die Steuereinnahmen nicht. Dennoch nutzt es nichts, dass Europa weitere Sparprogramme verlangt. Sie würden nur die Rezession verschärfen – und die Steuereinnahmen erneut einbrechen.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Für Griechenland hat sich längst die Metapher „Fass ohne Boden“ eingebürgert – woran zumindest richtig ist, dass ein Boden bisher nicht in Sicht ist. Eine billige Lösung wird es also nicht geben, stattdessen ist nur die Frage, welcher der teuren Rettungsansätze der billigste ist.
Die Geschichte zeigt: Es ist noch nie gelungen, ein Land zu sanieren, das in einer Rezession steckt. Man muss ins Wachstum investieren. Zwar würde dies neue Kredite bedeuten, aber ein drakonischer Sparkurs führt ja ebenfalls zu neuen Schulden. Zynisch gesprochen handelt es sich um eine Win-win-Situation: Es wäre gar kein Wagnis, ein Konjunkturprogramm aufzulegen – sondern die letzte Chance.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern