Kommentar Griechenland und die Börse: Im Interesse der Märkte
Die Sparvorgaben müssen gelockert werden. Bleibt es beim derzeitigen Kurs, wird Griechenland kaputt gespart. Das kann auch nicht im Interesse der EU liegen.
A n den Börsen liegen die Nerven blank. Dass mit Hollande ein Kritiker des rigiden Sparens die Wahlen in Frankreich gewonnen hat, schien gerade noch erträglich. Erstens hat es niemanden überrascht, und zweitens hatte auch schon Vorgänger Sarkozy einen reinen Sparkurs als Irrtum bezeichnet.
Aber dass in Griechenland eine Antisparregierung unter Führung des Linksbündnisses Syriza möglich scheint – das ist einfach zu viel. Mit den Kursen in Europa ging es daher erst mal wieder bergab, an der Athener Börse kam es gar zu einem kleinen Crash.
Syriza lehnt es ab, die Wirtschaft kaputtzusparen und alles dem Schuldendienst unterzuordnen. Werden die Schulden aber nicht mehr voll abbezahlt, gilt das als Staatsbankrott. Diese Aussicht ängstigt Investoren und Spekulanten.
ist wirtschaftspolitische Autorin der taz.
Muss Griechenland dann die Eurozone verlassen, und werden Spanien, Portugal dann gleich hinterhergespült? Und wäre das nicht das Ende der Währungsunion?
Gegenfrage: Was wäre, wenn sich Griechenland weiter einem blinden Spardiktat unterwirft? Diese Frage scheinen sich die Herren (und wenigen Damen) auf den Finanzmärkten nicht zu stellen. Sollten sie aber: Dass die Griechen ihre Regierung so radikal abwählten, lag schließlich genau daran.
Wenn die Märkte, besser gesagt: die Marktteilnehmer wirklich an wirtschaftlicher Stabilität interessiert wären, dann würden sie nicht einer derart desaströsen Strategie das Wort reden, wie sie in der Eurozone – bisher angeführt von Angela Merkel – zwanghaft verfolgt wurde.
Und wenn die Euro-Politiker wirklich stabile Märkte wollen, dann müssen sie die Sparvorgaben lockern und stattdessen die Wirtschaft der Krisenländer stützen. Haushaltskonsolidierung ist schließlich kein Selbstzweck.
Eine wirtschaftliche Erholung Griechenlands und letztlich ganz Europas ist nur mit einem anderen Kurs zu erreichen. Ein Politikwechsel nach dem Fanal von Athen müsste also eigentlich im Interesse der Märkte liegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag