Kommentar Gigaliner: Der Flop auf Rädern
Zwei rot-grüne Bundesländer reichen Verfassungsklage gegen einen Feldversuch mit Gigalinern ein. Die Entscheidung wird jedoch auf der Straße fallen.
D ie unendliche Geschichte über die Zulassung von Riesenlastern, auch Gigaliner genannt, bekommt ein juristisches Kapitel hinzu: Die rot-grün regierten Bundesländer Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein reichen Verfassungsklage gegen einen Feldversuch mit diesen Lkws ein, den Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) genehmigte.
Die Länder sehen dadurch ihr Recht auf Mitsprache missachtet. Doch ganz gleich, wie Karlsruhe urteilt – die Entscheidung für oder wider die Riesenlaster fällt anderswo: in der Politik und auf der Straße. Dabei haben die Gegner dieser Laster nicht nur die besseren Argumente auf ihrer Seite, sondern auch die Realität.
Denn bislang ist der fünfjährige Feldversuch ein großer Flop. Gerademal 13 Speditionen mit insgesamt 25 Lkws beteiligen sich. Von einem riesigen Riesenlaster-Bedarf kann also kaum die Rede sein – das Thema könnte sich nach dem Ende des Versuchs von allein erledigen. Warum soll Ramsauer – oder sein Nachfolger – ein Projekt gegen heftige Widerstände durchboxen, wenn es kaum jemand braucht?
ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Vom Feldversuch sind kaum neue Erkenntnisse zu erwarten: Wenn Riesenlaster zugelassen werden und – etwa bei Stau auf der Autobahn – auf Bundes- und Landesstraßen ausweichen, sind sie ein Sicherheitsproblem. Viele Kurven und Zufahrten sind zu eng, Autofahrer auf der Landstraße könnten zu gefährlichen Überholmanövern verleitet werden.
Vor allem aber schädigen die langen Laster die umweltfreundliche Bahn, die die Politik stärken sollte. Die Unternehmen können natürlich nicht jede Lkw-Fahrt durch Züge ersetzen – aber gerade für den regelmäßigen Transport voluminöser Güter, den Riesenlaster erleichtern sollen, könnten Züge durchaus infrage kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen