Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Ja, so ist das mit "Surveys": Weniger Deskription gäbe nur mehr Raum fü voreilige Spekulation. Die Surveys gibt es schon lange. Die Ergebnisse/Befunde sollen in den weiteren gesundheitspolitischen Gestaltungsprozess einbezogen werden. Das geschieht ja auch (vgl. Bsp. Depression). Dass das von der jeweiligen Regierungsrichtung abhängt, ist doch klar, und kein Argument gegen eine fundierte Datenerhebung.
... nur dass bei einer Berichterstattung über eventuelle Risiko- und Schutzfaktoren leider oftmals am Detail gespart wird. Darüber hinaus werden wichtige statistische Konzepte und Verfahren weder erklärt, noch meist von den Autor/innen verstanden (müssen sie auch nicht!), sodass im schlechtesten Falle Korrelationen als kausale Beziehungen interpretiert werden. Leider können es nur wenige Journalist/innen, die Untersuchungen so darzustellen, dass die Ergebnisse und Interpetationen nicht verfälscht werden.
Gegenbeispiele finden sich hier:
http://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse/dossiers/unstatistik-des-monats
"(....) um es auf Talkshow-Niveau herunterzubrechen:"
Würden Sie Ihr retsliches Leben dann strikt nach den Ergebnissen von ("kausal-/epidemiologischen Studien" ausrichten ?
Lol !!!
1.: Job an den Nagel hängen;
2.: ⸮ ....
Der Klimaschutz dominiert das Beschlusspapier der Koalition. Dabei sieht die Einigung etwa den Bau neuer Autobahnen vor. Die Kritik fällt breit aus.
Kommentar Gesundheitsstudie: Weniger Deskription wäre gesünder
Deutschland hinkt bei Prävention und Gesundheitsökonomie hinterher: Es würde sich lohnen, in einen nationalen Gesundheits-Survey zu investieren.
Mehrere Dutzend Wissenschaftler vom Robert-Koch-Institut haben drei Jahre lang 7.200 Menschen nicht nur nach ihrem individuellen gesundheitlichen Befinden befragt, sondern auch eingehend medizinisch untersucht, Blut- und Urinwerte inklusive. Herausgekommen ist eine dicke Studie, die auf den ersten Blick beeindruckt, weil man beim Lesen den Eindruck gewinnt, hier sei erstmals der Gesundheitszustand einer ganzen Nation erfasst worden, systematisch und kompetent. Endlich!
Denn Länder wie die USA haben schon vor vielen Jahren erkannt, dass es sich – Stichworte Prävention und Gesundheitsökonomie – lohnt, im großen Stil in epidemiologische Studien zu investieren, also in die Erforschung von Krankheitsursachen und ihren Risikofaktoren.
Deutschland hinkt in dieser Beziehung schlicht hinterher; und auch die RKI-Studie bleibt halbherzig. Die Analysen, sei es zu Diabetes, zu Übergewicht oder zu psychischen Krankheiten, bleiben auf der deskriptiven Ebene stecken. Wir erfahren, wer in welchem Ausmaß kränker geworden ist, aber das eigentlich Spannende, die Zusammenhänge nämlich zwischen den Risikofaktoren und den Ergebnissen sowie den Erkrankungswahrscheinlichkeiten darzustellen, bleibt Leerstelle.
Das ist unbefriedigend, nicht nur, weil der Ansatz wissenschaftlich wenig innovativ ist; sondern auch, weil sich so kaum Schlüsse für gesundheitspolitisches Handeln, geschweige denn für ein Umdenken ziehen lassen. Oder, um es auf Talkshow-Niveau herunterzubrechen: Ist es etwa – lebensperspektivisch gesehen – gesünder, dick zu sein und Sport zu treiben? Oder lebt die schlanke Couchpotato länger?
Selbstverständlich wären die Wissenschaftler des RKI in der Lage, kausalepidemiologische Fragen zu beantworten. Es mangelt aber an Geld. Dabei würde es sich lohnen, für eine Aufwertung des nationalen Gesundheits-Surveys zu sorgen. Aber das ist keine wissenschaftliche, sondern eine politische Entscheidung.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Heike Haarhoff
Redakteurin im Inlands- und im Rechercheressort
Heike Haarhoff beschäftigt sich mit Gesundheitspolitik und Medizinthemen. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem Kinderheim bei Paris ab 1989 Studium der Journalistik und Politikwissenschaften an den Universitäten Dortmund und Marseille, Volontariat beim Hellweger Anzeiger in Unna. Praktika bei dpa, AFP, Westfälische Rundschau, Neue Rhein Zeitung, Lyon Figaro, Radio Monte Carlo, Midi Libre. Bei der taz ab 1995 Redakteurin für Stadtentwicklung in Hamburg, 1998 Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und von 1999 bis 2010 politische Reporterin. Rechercheaufenthalte in Chile (IJP) und den USA (John McCloy Fellowship), als Stipendiatin der Fazit-Stiftung neun Monate Schülerin der Fondation Journalistes en Europe (Paris). Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis der Bundesarchitektenkammer (2001), dem Frans-Vink-Preis für Journalismus in Europa (2002) und dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse (2013). Derzeit Teilnehmerin am Journalistenkolleg "Tauchgänge in die Wissenschaft" der Robert Bosch Stiftung und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Die Vergangenheit als Blaupause
Schulterblick nicht vergessen
Hoffnung kann man auch aus der Vergangenheit ziehen, findet unsere Autorin. Ein Appell auch mal zurück zu schauen.