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Kommentar Frauen und WelthandelAm unteren Ende der Produktion

Kommentar von Annette Jensen

Wer am billigsten ist, kriegt den Zuschlag. Das als Frauenemanzipation in der Erwerbsarbeit zu verkaufen, war wohl die Idee eines gut bezahlten Werbemanagers.

V iele Experten bezeichnen Frauen als die Gewinnerinnen des freien Welthandels: Offiziell 200 Millionen zusätzliche Jobs haben sie in den zehn Jahren vor der Krise ergattert, gar von einer Feminisierung der Arbeit ist die Rede. Sicher - manche Frau verfügt jetzt zum ersten Mal über eigenes Geld. Doch in der wirtschaftlichen Globalisierung einen allgemeinen Trend zur Frauenemanzipation erkennen zu wollen, ist zynisch. Schließlich ist längst ist klar: Je freier der Weltmarkt, desto schlimmer werden die Arbeitsbedingungen. Nach unten scheint es dabei keine Grenze zu geben.

So sitzen die jungen Frauen, die in chinesischen Textilfabriken in 15-Stunden-Schichten Billig-T-Shirts oder Edeljeans nähen, schon längst nicht mehr am untersten Ende der Produktionskette. Vor allem seit sich der eine oder andere Konsument für ihre Lage interessiert, bemühen sich die großen Markenfirmen zumindest um kosmetische Verbesserungen.

Von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkt, haben die Fabriken parallel den Großteil ihrer Arbeiten an Frauen ausgelagert, die für wenige Cent ohne jede Form sozialer Absicherung in ihren Wohnzimmern Klamotten produzieren. Wer aufmuckt oder zu wenig Leistung bringt, wird ignoriert.

Vor neun Jahren haben sich die Industrieländer verpflichtet, den Hunger in der Welt zu halbieren. Was gegenwärtig zu beobachten ist, ist das krasse Gegenteil. Der freie Welthandel, bei dem jeder gegen jeden konkurriert, ist eine der wichtigsten Ursachen dafür.

Nachdem die Industrieländer mit ihren hochsubventionierten Lebensmitteln die Selbstversorgung in vielen Ländern kaputtgemacht haben, sind nun immer mehr Menschen gezwungen, ihre Arbeitskraft in Konkurrenz zu allen anderen Armen anzubieten. Wer am billigsten ist, kriegt den Zuschlag. Das als Frauenemanzipation in der Erwerbsarbeit zu verkaufen, war wohl die Idee eines gut bezahlten Werbemanagers.

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