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Kommentar Forbes-ListeReicher als 1.000 Milliardäre

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Ein Blick auf die Herkunft der Superreichen ist spannend – vor allem China fällt auf, und die USA sind nicht mehr vorn. Den Armen auf der Welt hilft das freilich gar nichts.

E s gibt wieder mehr als 1.000 Milliardäre auf der Welt. Nach der weltweiten Finanzkrise war ihre Zahl im vergangenen Jahr stark geschrumpft, ihr aufsummiertes Vermögen gar um fast die Hälfte. Nun sind die Superreichen wieder da, ihr gesammeltes Vermögen liegt bei geschätzten 3,5 Billionen Dollar, fast so viel wie vor der Krise. Das meldet die US-Zeitschrift Forbes.

Darüber kann man philosophisch oder auch ärgerlich werden, aber Reiche und noch Reichere gab es immer im Kapitalismus. Interessanter sind die Details: Die Verteilung der Milliardäre über den Erdball hat sich nämlich über die Jahre geändert. So sitzen in Asien inzwischen fast genauso viele Großvermögen wie in Europa. Vor allem die Phalanx von 89 chinesischen Milliardären fällt auf, Nummer zwei nur noch hinter den USA.

Durch die Krise wurde die Entwicklung noch verstärkt, denn die Schwellenländer haben den Abschwung besser überstanden als die Industrieländer. Die Finanzmärkte in den Schwellenländern sind inzwischen so gut geölt, dass die Anlagemilliarden ganz selbstverständlich auch in die dortigen Unternehmen, Börsen und Gewerbeimmobilien fließen. Und aus diesen Anlageformen speist sich das Vermögen fast aller Milliardäre.

Bild: taz

Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Den vielen Armen in den Entwicklungsländern hilft es allerdings nur wenig, wenn sie nun für den Profit ihrer Milliardärs-Mitbürger schuften statt für weit entfernte Magnaten in New York oder London. Sie können den örtlichen Reichtum höchstens besser beobachten.

Für die reichen Länder gilt darüberhinaus, dass sie einen wesentlich breiteren Unterbau an Millionären haben als die neuen Boomländer. So haben die deutschen reichsten zehn Prozent der Bevölkerung ein Vermögen von etwa vier Billionen Euro angesammelt, laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Das ist weit mehr als alle Milliardäre der Welt zusammen.

Wenn zum Beispiel der deutsche Staat nach Potenzialen zum Stopfen seiner Haushaltslöcher sucht, so braucht er weder nach den Reichen in Übersee noch nach den Bedürftigen im eigenen Land schielen - es gibt genug Vermögende in seinem Hoheitsbereich. Denn eine wirklich sehr interessante Liste fehlt noch im alljährlichen Hitparadenreigen: die der Rekordsteuerzahler. Dann könnte man vergleichen, ob sich auch dort all die Milliardäre und Millionäre angemessen wiederfinden.

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Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
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8 Kommentare

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  • IW
    ignaz wrobel

    Solange wir nicht aufhören uns ausschließlich um Geld und seine Vermehrung zu sorgen, solange wird das Geld auch unsere gröste Sorge sein.

    Es ist ein Naturgesetz, das kein System, welcher Art auch immer, ein unbegrenztes Wachstum haben kann und darf, warum glauben immer noch so viele daran???

     

    Gebt dem Geld endlich seinen ursprünglichen Stellenwert wieder, als praktisches Tauschmittel und nicht als Spekulationsobjekt welches den Verstand derjenigen welche sich ausschlieslich damit beschäftigen leider aufs übelste vernebelt und entkernt.

     

    Warum dreht sich unser "aller" Denken hauptsächlich um ein Ding, welches vollkommen wertlos für den Fortbestand unserer Spezies ist???

     

    Denkt mal drüber nach...

  • S
    Spin

    Über die Diskrepanz zwischen den Vermögenden und den Armen sollten wir aber im globalen Maßstab sprechen. Hierzu bemerkt der UNO-Beauftragte Jean Ziegler zurecht:

     

    In "Guatemala ...besitzen die reichen Großgrundbesitzer und die westlichen Fruchtkonzerne wie Del Monte das Land in den fruchtbaren Ebenen. Die Nachkommen der vertriebenen Maya dagegen - 80 Prozent der Bevölkerung - bearbeiten karge Maisäcker in 2.500 Meter Höhe. Die Bauern sind halb verhungert. Die Frauen auf den Feldern sehen mit 30 aus wie 80. (...) Jedes Kind, das an Hunger stirbt, könnte mein Kind sein oder Ihr Kind. (...) Die Menschheit hat heute die Möglichkeit, ein materiell glückliches Leben für alle zu sichern. Der sagenhafte Reichtum, der unter dem Kapitalismus erwirtschaftet wurde, reichte dafür aus. (...) Diese kannibalische Weltordnung ist mörderisch. Und es existiert nur eine Alternative. Die Finanzdiktatur muss durch eine normative Weltgesellschaftsordnung ersetzt werden. Die neoliberale Wahnidee muss verschwinden. Wir brauchen einen neuen planetarischen Gesellschaftsvertrag."

     

    Wir "Normalos" brauchen keine Milliardäre. Niemand braucht mehr Geld, als er selbst je ausgeben kann. Auch nicht für Ausbildung und Versorgung seiner Nachkommen, wenn diese gesellschaftlich für jene ebenso gesichert ist wie für alle.

    Wir brauchen globalen sozialen Frieden, und den werden wir nur durch globale Umverteilung von oben nach unten erreichen.

  • S
    Spin

    Wenn "Normalo" die armen Reichen als Handwerker und Kleinhäuslebauer verteidigt, dem der Sozialstaat bitte nicht an die wohlverdiente Rücklage gehen solle, wirkt das ganz sloterdijkmäßig. Der Großphilosoph der "Leistungsträger" musste sich aber kürzlich von Heiner Geißler sagen lassen, die wenigsten Reichen seien durch Fleiß vermögend geworden, vielmehr durch "Vererbung und Spekulation" (SZ, 03.03.2010), durch eine massive Umverteilungspolitik.

    Was bitte soll dann daran ungerecht sein, eine Rückverteilung zugunsten einer Bevölkerungsmehrheit durchzuführen? Selbst wenn sich dadurch nicht alle Probleme in Schlagsahne verwandeln, ein Anfang wäre gemacht. Und es wäre mal was anderes, als ständig nach unten zu treten.

  • C
    Chek-O

    Da kann ich Normalo nur beipflichten...Manchmal reichen schon die Grundrechenarten um herauszufinden, dass Zahlen in absoluter Hoehe zwar imposant klingen, aber es bei Lichte betrachtet gar nicht sind. Selbst eine Total-Enteignung deutscher Multimillionaere (>5 Mio. EUR Nettoprivatvermoegen) wuerde dummerweise nichtmal ein Viertel des jaehrlichen Haushalts aufbringen.

  • K
    Knutchen

    Und wieso sind die USA nicht mehr vorn (wie im teaser behauptet)?

  • V
    vic

    Lassen sie mich raten "Normalo"

    Auch sie sind verwandt oder verschwägert mit dem Retter der Vermögenden, Guido Westerwelle?

    Mindestens jedoch bei Mitglied der Partei, stimmts?

    Aber keine Sorge, wirklich reichen Mitbürgern geschieht in dieser Republik nichts.

    Notwendige Geldmittel werden ganz unten abgeschöpft.

  • OB
    Otton Bexaron

    Heinrich Heine 1845: "Oben noch rauschende Feste, aber man hoert das jemand unten im Keller ein Messer schleift!"Das Land in dem diesmal der im Keller mit dem Messer nach 'oben' kommt - koennte ueberraschenderweise die USA werden - denn der Ami ist zu dumm fuer eine vorsorgliche Reform. Die schlauen Chinesen setzen jetzt nach der Deng Periode 1978 -2009 "Hauptsache die Katze faengt Maeuse" auf einen "Langen Marsch zum Skandinavien Model" - aus Gruenden der nationalen inneren Sicherheit - zuviele unter den 1.3 Millarden werden ungeduldig! (You heared it here first!) Fuer die Wirtschaftsdynamik wird man weiter das "Reichwerden" unterstuetzen - aber (so "China Daily"): Der 'Kuchen' muss nun gerechter verteilt werden!)

  • N
    Normalo

    Na, Herr Metzger, haben Sie mal wieder einen sagenhaft groß wirkenden Goldtopf gefunden, an dem sich der "kleine Mann" laben könnte?

     

    Haben Sie auch mal weitergerechnet und festgestellt, dass bei einem Gesamvermögen von 4 Billionen die "reichsten 10%" Deutschlands (immerhin 8 Millionen Menschen) gerademal auf ein DURCHSCHNITTSvermögen von 500.000 Euro kommen?

     

    Rechnet man den Effekt der kleinen Anzahl wirklich Stinkreicher auf den Durchschnitt heraus, bleibt in Ihrem Beuteschema noch ein Millionen starker Haufen von ganz normalen Überhauptnicht-Millionären übrig, dem ihre süffisant angedeuteten Umverteilungsvorschläge an nichts Anderes als das kleine(!) Häuschen, die private Altersvorsorge oder den Handwerksbetrieb gehen.

     

    Aber träumen Sie ruhig weiter von den Füllhörnern in den Händen der "Reichen"...