piwik no script img

Kommentar FinanzministerDie Krise des Peer Steinbrück

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Seit der Finanzkrise ist beim Finanzminister nur noch die Abteilung Attacke in Betrieb. Steinbrück ist mehr als ein Störfall für den startenden Wahlkampf der SPD.

Peer Steinbrück hält nichts von Steuersenkungen. Er hält auch nichts von Investitionsprogrammen. Er hält eigentlich überhaupt nichts von Vorschlägen, die er nicht selbst gemacht hat. Als SPD-Politiker kürzlich Konsumgutscheine ins Gespräch brachten, kanzelte das Finanzministerium dies als "absurden Unsinn" ab. Es mag Gründe gegen Konsumgutscheine geben - aber warum muss Steinbrück so tun, als wären alle, die sich darüber Gedanken machen, Volltrottel? Nun hat Steinbrück seinen Feldzug gegen den Keynesianismus international ausgeweitet und am Konjunkturprogramm des britischen Premiers Gordon Brown kein gutes Haar gelassen.

Seit der Finanzkrise ist beim Finanzminister nur noch die Abteilung Attacke in Betrieb. Wenn ihn niemand bremst, wird er demnächst Obama bescheinigen, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben. Denn auch Obama ist ja, wie der Rest der Welt, der Idee zugeneigt, mit Konjunkturprogrammen etwas gegen die Rezession auszurichten. Peer Steinbrück hingegen weiß genau, was gegen die größte Weltwirtschaftskrise seit 80 Jahren hilft - nämlich erst mal nichts zu tun.

Steinbrücks Schroffheiten stehen in augenfälligem Missverhältnis zu seiner eigenen Tätigkeit. Verglichen mit der hektisch verabschiedeten, nutzlosen Kfz-Steuerbefreiung wirkt Browns Steuersenkung geradezu durchdacht.

Bislang war das herrische Gemüt des Finanzministers ein Problem der SPD. Alle Welt debattierte, was gegen die Rezession hilft - die SPD hingegen schwieg lange, um ihren formidablen Minister nicht zu beschädigen. Faktisch hat Steinbrück in der SPD die Definitionshoheit über die Krisenbekämpfung. Das dürfte sich als strategischer Fehler erweisen.

Steinbrück ist mehr als ein Störfall für den Wahlkampf der SPD, die Kritik an Brown mehr als eine Stilfrage. Merkel und Steinbrück sind dabei, Deutschland international zu isolieren. Sie reden die Lage schön, um nicht zu riskieren, Falsches zu tun. Doch Steinbrücks dröhnende Selbstsicherheit wirkt nicht souverän. So redet nicht, wer selbstsicher Verbündete überzeugen will. So redet, wer aufkeimende Panik ersticken muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

2 Kommentare

 / 
  • A
    Amos

    'Lasst doch ruhig die anderen ihre Konjunktur ankurbeln, dann wird unsere automatisch angekurbelt'?

    Wenn er sich da mal nicht ans Holzbein pinkelt,

    der Steinbrück. Alle wollen sie an die Macht, aber

    kaum einer macht was richtig. Aber dieser Politstamm

    ist ohnehin nicht mehr lange am Ruder. Die nächste

    Koalition wird sein: CDU und FDP. Das hieße Neoliberalismus pur. Und das wird der Anfang vom

    Ende sein.

  • J
    jan

    Ein Nebensatz fehlt leider in dem Kommentar: die Panik vor dem deutschen Wahlbürger, der Steinbrücks Beinahe-Alleinschuld am deutschen Bankenkrach spitzkriegen könnte.

    Vom neoliberalen Deregulierer zum untätigen Kritiker an ehemals neoliberalen Deregulierern - wow, was für ein Geistesgigant!