Kommentar Finanzkrise: Warum so zögerlich?

Passend zur Kreditblase werden Sprachblasen produziert. Und angesichts ihrer dramatischen Rettungsaktion für die Banken, gibt sich die Bundesregierung seltsam verhalten.

Die letzten Absprachen für das europäische Rettungspaket für die Banken liefen am Sonntag in einer Krisensitzung der Regierungschefs in Paris. Schon heute wird das Bundeskabinett ein Gesetz verabschieden, der Bundestag wird noch in derselben Woche seinen Segen dazu geben. "Nicht im Interesse der Banken, sondern im Interesse der Menschen" wolle sie handeln, sagte gestern Bundeskanzlerin Angela Merkel. Passend zur Kreditblase also die Sprachblasen. Konkreteres wird später bekannt gegeben. Die Rede ist von 100 Milliarden Euro direkter Steuergelder für einen Bankenhilfsfonds, für weitere etwa 300 Milliarden Euro werden Bürgschaften ausgesprochen. Nur in Deutschland, wohlgemerkt.

Die Milliarden werden nicht wie in den USA von der Zentralbank kommen. Die Bundesbank darf nämlich nicht einfach Geld drucken und dann der Regierung oder gleich direkt den Banken geben. Da muss also der Steuerzahler angegangen werden oder die Staatsverschuldung steigen. Die Bundesregierung gibt sich nach außen angesichts ihrer dramatischen Rettungsaktion seltsam verhalten. Der Staat wolle sich "Einfluss" garantieren lassen für die Hilfen, so Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Ja warum denn nun nicht klar stimmberechtigte Aktien für Bargeld fordern? Schon mit ein paar Prozent Beteiligung hätte die Regierung automatisch ein flexibles Mitspracherecht und zusammen mit den Arbeitnehmervertretern dann die Mehrheit im Aufsichtsrat. So könnte auf jede Firma abgestimmt und unter Mitwirkung derer, die das Unternehmen am besten kennen, alles geregelt werden, was sinnvoll ist. Warum also so zögerlich?

Diese Finanzkrise ist ein Spiel. Kein Kinderspiel, sondern eine Milliardenwette. Ein Pokerspiel. Die Regierung hat keine Wahl, sie muss mitspielen. Aber sie muss offensiv die Regeln bestimmen, wenn sie schon die Einsätze bezahlt. Merkel sagte gestern, sie erwarte ein "wichtiges Signal zur Beruhigung der Finanzmärkte". Das ist richtig, reicht aber nicht: Den bisherigen Profiteuren der Finanzindustrie muss klar werden, dass sie jetzt und künftig für eine wissentlich herbeigeführte katastrophale Kreditspirale teuer bezahlen müssen. Mit Geld und mit Einfluss.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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