piwik no script img

Kommentar Fall PohlmannAkte Pohlmann geschlossen

Kommentar von Klaus Wolschner

Die Aufarbeitung von Stasi-Verdachtsfällen wird fast unmöglich, wenn das Hamburger Urteil Schule macht.

M edien haben eine große Macht, sie können – wie in früheren Jahrhunderten Gerüchte – zu Hexenverfolgungen führen und Menschen erledigen. Im Fall Pohlmann geht es nicht um Leib und Leben, aber immerhin um den Ruf und seine politische Laufbahn.

Der Pohlmann-Anwalt Eisenberg hat jüngst eine Gegendarstellung in BILD durchgesetzt, der CDU-Politiker Kau musste sich gegen rufschädigende Balken-Überschriften zur Wehr setzen. Dass Gerichte die Grenzen der Pressefreiheit definieren, ist richtig und erforderlich.

Der Fall Pohlmann liegt komplizierter. Dass Pohlmann mit großem Idealismus für die DKP gearbeitet hat, das sagt er selbst, und ehemalige Genossen wissen davon zu erzählen. Möglicherweise hätte er sich geehrt gefühlt, wenn er von den Obergenossen „drüben“ gefragt worden wäre, ob er im Ernstfall besondere Aufgaben übernehmen könne. Er selbst redet über diese Zeit nicht, so bleibt die Rekonstruktion aus Akten-Fitzelstückchen.

Eisenberg hat Recht: Auch politische Vorwürfe sollten nach 30 Jahren „verjähren“. Was auch immer Pohlmann als DKP-Funktionär gedacht hat – seine derzeitige Arbeit ist davon nicht berührt.

Das richterliche Verbot, aktenkundigen Hinweisen nachzugehen, unterbindet aber die historische Aufarbeitung, der Richterspruch vollendet so nur die Aktenvernichtung.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Bremen-Redakteur
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • W
    wauz

    Die Abschaffung der Folter war auch so ein Fehler, der die Aufklärung und Verfolgung der gemeingefährlichen Umtriebe der Magier und Hexen unmöglich machte...

    Alle Jahre wieder versucht jemand, der DKP eine "Militärorganisation" oder ähnliches unterzuschieben.

    Bislang haben sich dementsprechende Zeugen nur durch unzusammenhängende, von Fachwissen befreite Fabulierer erwiesen, die sich diverser Versatzstücke aus Geheimdienstromanen und ähnlichem bedienten.

    Zu was bräuchte die DKP je eine Militärorganisation?

    Selbst wenn man der DKP ernsthaft unterstellen wollte, sie sei auf einen bewaffneten Umsturz aus, wie sollte der denn mit so etwas gelingen, wenn selbst nur ein Teil der OK wie z.B. die Hells Angels mehr Bewaffnete mobilisieren könnte, wie sie selbst? Mal abgsehen, dass der ganze rechte Sumpf bis an die Zähne bewaffnet ist, aber nach Einschätzung unserer 'Sicherheitspolitiker' keinerlei Gefahr darstellt.

    Der Geheimdienst der DDR, Armee oder sonstwer hätte eine Sabotagetruppe viel leichter aufstellen können, wenn sie das Umfeld der DKP gemieden hätte. Es gibt keinerlei wirkliche Anzeichen dafür, dass sie diese Meidung nicht strikt verfolgt hätte.

    Wie kommen diese Fantasien zustande?

    Eigentlich ganz einfach: Schon die Bundesregierung unter Adenauer haben viel Mühe darauf verwendet, solche Sabotagetruppen in der DDR aufzustellen. Die waren auch aktiv, haben Schaden angerichtet und sind teilweise auch aufgeflogen. Kalr, dass sich diese Kreise in der BRD, die das gefördert haben, glaubten, die Gegenseite müsste sich der gleichen Mittel bedienen. Wenn es also nichts zu finden gab, konnte das für sie nur daran liegen, dass sie so konspirativ waren...

    Außerdem: nichts wäre für diese Leute nützlicher, hätte es solche Gruppen wirklich gegeben. Das war der DKP genauso klar wie der DDR-Führung, also haben sie das gelassen.

    Die DKP war in den 70er und 80er Jahren deswegen so lästig, weil sie es geschafft hat, Leute zu mobilisieren und die politische Agenda zu setzen. Wenn die DKP ein Flugblatt verteilt hat, dann wurde das auch in der CDU diskutiert. An der DKP kam keiner vorbei, so wie an der BILD keiner vorbei kam.

    Damit hat die DKP der Demokratie genutzt, nicht geschadet.