Kommentar FC St. Pauli: Die zweite Chance genutzt
André Schubert bleibt Trainer des Kiezclubs. Das ist ein mutige Entscheidung des Präsidiums. Die Verantwortlichen haben sich von den Boulevardmedien nicht treiben lassen
D a hatten die Medien doch etwas schnell den Abschied von Trainer André Schubert verkündet. Nachdem die Kommunikationsdefizite des Trainers zuletzt massiv in die Öffentlichkeit geraten waren, das Präsidium sich weggeduckt hatte und selbst die obligatorischen Treueschwüre fehlten, schien die Tendenz klar: Schubert, der mit seinem Mangel an Diplomatie immer wieder Spieler, Mitarbeiter und Funktionäre brüskiert hatte, steht vor dem Aus.
Klar ist: Schubert stand auf der Kippe, Teile der Gremien und des Teams plädierten für Trennung. Doch er stand eben nur auf der Kippe, sowohl seine Beurlaubung wie seine Weiterbeschäftigung waren immer möglich.
Nun hat das Präsidium abgewogen und befunden, dass der umstrittene Coach an seiner oft arrogant wirkenden, abkanzelnden Art gearbeitet, sich nicht nur verstellt, sondern real verändert hat. Wie mancher Spieler, der schon abgeschrieben, nach einer Leistungssteigerung doch noch eine Chance erhält, hat auch Schubert eine solche bekommen – und genutzt.
Diese Positionierung des Präsidiums ist mutig: Begeisterung wird das „weiter so“ bei den Medien, die sich bereits auf Entlassung festgelegt hatten, nicht ernten. Die Verantwortlichen aber haben sich von der Presse nicht treiben lassen – sie haben genau das entschieden, was sie für richtig halten.
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