piwik no script img

Kommentar Expertenrat IranEs bleiben nur noch die Radikalen

Kommentar von Bahman Nirumand

Mit der Abwahl Rafsandschanis als Vorsitzender des Expertenrates geht eine Epoche zu Ende. Und die moderaten Konservativen verlieren eine wichtige Stütze.

ber Jahrzehnte galt Akbar Haschemi Rafsandschani als mächtigster Mann in der Islamischen Republik. Mit seiner Abwahl als Vorsitzender des Expertenrats geht eine Ära zu Ende. Er war der engste Weggefährte Chomeinis, ein gewiefter Taktiker und Stratege, dem es gelang, alle Rivalen auszuschalten.

Acht Jahre lang stand der Pragmatiker an der Spitze des Staates, versuchte eine Öffnung nach außen bei Verschärfung der Repressalien im Innern. Zahlreiche Mordattentate im In- und Ausland gehen auf seine Rechnung. Im sogenannten Mykonos-Prozess, bei dem es um den Mord von vier iranischen Dissidenten ging, wurde Rafsandschani von einem Berliner Gericht als Drahtzieher verurteilt.

Als 1997 die Reformer unter Präsident Mohammed Chatami die Regierung übernahmen, begann Rafsandschanis Stern zu sinken. Journalisten wiesen nach, dass er bei den sogenannten Kettenmorden zu den Auftraggebern gehörte. Dennoch versuchte er zwischen den Fronten zu lavieren und damit seine Hausmacht auszubauen.

BAHMAN NIRUMAND

wurde 1936 in Teheran geboren. Heute lebt der Autor und Journalist in Berlin.

In der Bevölkerung galt er zwar als der am meisten verhasste Politiker, nicht zuletzt, weil er und seine Familie sich maßlos bereicherten. Aber er hatte immer noch eine Basis bei den Revolutionswächtern und vor allem bei religiösen Instanzen. In den Unruhen 2009 sah er seine Chance, die Fäden in die Hand zu nehmen. Er stellte sich auf die Seite der Demonstranten, hoffend damit die Radikalen um Präsident Ahmadinedschad isolieren zu können.

Aber die Rechnung ging nicht auf. Seine Gegner waren zu stark geworden. Er wurde zwischen den Fronten zerrieben. Mit der Abwahl Rafsandschanis geht die Epoche der alten Weggefährten Chomeinis zu Ende und die moderaten Konservativen verlieren eine wichtige Stütze Jetzt liegt die Macht allein bei den Radikalen der Nachfolgegeneration.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!